Mädchenleben
oder Die Heiligsprechung
Für alle Walser-Leser ein Fest des Wiedersehens: Schon in seinen Tagebüchern von 1961 finden sich Eintragungen zu «Mädchenleben», und nun, fast sechzig Jahre später, hat er das dort Notierte zusammengetragen und zu etwas verwoben, das er "Legende" nennt: die Geschichte des Mädchens Sirte Zürn, das, weil es seine eigenen Wege geht - plötzlich verschwindet, erst nach Tagen wieder auftaucht, sich im Sand eingräbt, bei Sturm in den See rennt -, nach Wunsch seines Vaters heiliggesprochen werden soll. Der Untermieter der Familie, der Lehrer Anton Schweiger, ist von diesem Einfall so entzündet, dass er alles sammelt, was es über das Mädchen zu erzählen gibt. Darüber gerät er mehr und mehr in ihren zauberischen Bann.
Martin Walsers neues Buch besticht durch seine lebhaften, ungewöhnlichen Figuren, die in einer gleichsam entrückten Welt zu leben scheinen. Was ist mit Anton Schweiger, warum wohnt er als Lehrer zur Untermiete bei den Zürns, was bringt ihn dazu, nach Sirte eine solche Sehnsucht zu haben? Wie kommt ihr Vater auf den Gedanken der Heiligsprechung seiner Tochter, und was ist das für eine seltsame Ehe der Zürns, in der die Frau, während sie im Garten Lupinen setzt, von ihrem Mann zu Boden geworfen wird und er sich ein andermal mit Kuhfladen beschmiert? Mit Staunen lesen wir die herrlichen Walser-Sätze und lassen uns gefangennehmen von der Geschichte eines jungen Mädchens, das anders ist als andere - zerbrechlich und sonderbar und ausgestattet mit einem ins Himmlische und Unwirkliche reichenden Gespür.
- Verlag: Rowohlt Buchverlag
- Erscheinungstermin: 19.11.2019
- Lieferstatus: Verfügbar
- 96 Seiten
- ISBN: 978-3-498-00196-4
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Dieses rätselhafte Büchlein und seine entrückten Figuren üben eine magische – ja, man muss es so banal sagen – Anziehungskraft auf den Lesenden aus und lassen ihn zutiefst berührt zurück.
Walser offenbart uns eine absurde Welt, der mit streng rationalen Kriterien nicht beizukommen ist. (...) Ein kleines Büchlein nur, aber voller Sehnsucht, Schmerz, Verehrung, großen Gefühlen, Irrungen und Wirrungen.
Walsers Text hat mit einer Abbildung von Wirklichkeit nicht im geringsten Sinn etwas zu tun. Er ist aber zweifellos die Abbildung einer inneren Wirklichkeit, ein Traumgebilde.
„Mädchenleben“ ist eine Heiligenerzählung für unsere Zeit.
(Martin Walser) fügt die Splitter einer Legende zu Schönheit.
Diese wunderbaren Walsersätze [...] sind von solcher Tiefgründigkeit und Weisheit, dass man gar nicht aufhören möchte, sie zu lesen, sie zu bedenken, sich davon berühren zu lassen. [...] Nicht nur das Mädchen Sirte kann Wunder bewirken. Dieses Buch ist selbst ein kleines Wunder.
Walser hat sich in dieses Mädchen verliebt. Die Liebe ist es, die seinen Stoff belebt. [...] Das Heilige, die Ehe, ein Mädchen, ein anmutiger Hals, ein Martyrium, Albernes, Absurdes und Erhabenstes, alles ist da.
(Hier kommt) eine «Legende» in die technologiegläubige, aber Fake-News-geplagte Welt und tritt entsprechend spektakulär in Erscheinung: wie ein Geschenk vom Himmel.
Wie muss man sich diese Märtyrerin vorstellen? (...) Die Kunst von Martin Walser ist es, all die Möglichkeiten anklingen zu lassen - und sich dann für keine eindeutig zu entscheiden.
Obwohl das neue Büchlein die Dinge lediglich knapp skizziert, zeigt es doch mit großer Wucht die galoppierende Entzweiung und Vereinzelung der Menschen.
Ein bemerkenswertes Bekenntnis (...), getarnt als eine „Legende“, berührend auch als ein Logbuch zum Nachdenken.
Walser spürt dem Kern aller Religiosität nach, den Lücken, die Gott füllen soll. In aller Knappheit ist dies ein feines gedankliches Experiment, eine Literatur gewordene Einladung zum Selberdenken.
"Mädchenleben", dieses dramaturgisch bizarre, meisterlich formulierte und bei aller Unglaublichkeit irgendwie plausible Werk, [ist] auch eine Art Gottesdienst.
Da sind sie wieder, die Familienfiguren, deren verletzte Seelen Martin Walser seziert. [...] ein verstörendes Buch.
Das Mädchen Sirte, das bekommen wir so schnell nicht mehr aus dem Sinn. [...] Verblüffend.
Walser-Leser werden diese Legende in ihrer Sammlung nicht missen mögen.
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