Andreas Winkelmann und Arno Strobel erzählen sich in ihrem Podcast von jeweils zwei Kriminalfällen: einem wahren und einem erfundenen. Und versuchen, sich gegenseitig aufs Glatteis zu führen, damit der andere nicht errät, welches der zwei Verbrechen wirklich passiert ist und welches so nie stattgefunden hat. Wer verliert, wird am Ende der Staffel bestraft. Über die Strafe entscheiden die Hörer.
Was einen Kriminalfall besonders glaubwürdig macht, warum es Empathie für Opfer,Täter und Ermittler braucht, um gute Geschichten zu schreiben, und wie die Idee zum Podcast entstanden ist, erzählen uns Andreas Winkelmann und Arno Strobel im Interview.
Das Interview mit Andreas Winkelmann und Arno Strobel
Sie sind beide Bestseller-Autoren von Krimis und Thrillern. Und so gesehen Konkurrenten. Wie kamen Sie auf die Idee, einen gemeinsamen Podcast zu produzieren?
Arno Strobel: Als Konkurrenten sehe ich uns ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Wenn jemand einen Thriller von Andreas liest und davon begeistert ist, wird sie/er weitere Bücher dieses Genres lesen wollen und dabei vielleicht auf mich und meine Thriller stoßen. Andreas und ich kennen uns schon einige Jahre, sodass es nicht weiter verwunderlich ist, dass er auf mich zugekommen ist, als er einen Kollegen für einen gemeinsamen Podcast gesucht hat. Und ich habe spontan zugesagt.
Andreas Winkelmann: Wir sehen uns überhaupt nicht als Konkurrenten, nur weil wir in der gleichen Branche unterwegs sind. Wir schätzen und mögen uns, was Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit an einem solchen Projekt ist. Die Chemie stimmt zwischen uns, und wir haben viel Spaß bei den Aufnahmen und den Aktionen rund um den Podcast.
Das Konzept hinter dem Podcast ist einfach und spannend: In jeder Episode erzählen Sie sich gegenseitig jeweils zwei Verbrechen: ein wahres und ein erfundenes. Und Sie versuchen, sich gegenseitig aufs Glatteis zu führen, damit der andere nicht errät, welches der zwei Verbrechen wirklich passiert ist und welches so nie stattgefunden hat. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Andreas Winkelmann: Die Idee zu diesem Podcast hatte unser Produzent Gregor Middendorf. Gregor und ich sind seit langer Zeit befreundet und arbeiten häufig an Projekten zusammen. Arno fand die Idee klasse und hat sich sofort bereit erklärt mitzumachen.
Arno Strobel: Die Faszination an Krimis und Thrillern hält ja – zum Glück – seit vielen Jahren bei einer großen Schar Leserinnen und Lesern ungebrochen an. Auf der anderen Seite wissen wir Autorinnen und Autoren, dass, egal, wie phantasievoll und erfinderisch wir uns unsere Storys auch ausdenken, das wahre Leben mindestens ebenso außergewöhnliche Kriminalfälle bereithält. Da war es für uns naheliegend, beides in einer kleinen Challenge gegenüberzustellen.
Was unterscheidet wahre Kriminalfälle von erfundenen Verbrechen? Gibt es bestimmte Elemente, die für Fake oder True Crime sprechen?
Arno Strobel: Davon abgesehen, dass wahre Verbrechen manchmal grausamer und unglaublicher sind als die von uns ausgedachten: nichts.
Andreas Winkelmann: Wenn ich Thriller schreibe, achte ich natürlich immer auf die Details, denn die sind wichtig, um eine Geschichte real erscheinen zu lassen. Das gilt ebenso bei der Unterscheidung zwischen Fake und True Crime. Passen die Details? Handeln Menschen so? Ist die Psychologie des Täters schlüssig? Das Verhalten der Ermittler glaubwürdig? Und genau das macht unseren Podcast ja so spannend. Wir wissen, wie man erfundene Geschichten real erscheinen lässt, und die Frage ist, ob sich zwei Profis gegenseitig aufs Glatteis führen können.
Für jeden richtig erratenen Fall gibt es einen Punkt, der Punktestand wird auf der Website festgehalten. Am Ende der Staffel wird der Verlierer bestraft; die Art der Strafe dürfen die Zuhörer auf www.2verbrecher.de auswählen. Was sind das für Strafen?
Arno Strobel: Es sollen Herausforderungen für den Verlierer sein, die wir uns gemeinsam ausgedacht haben. Das kann eine Nacht in einem Geisterhaus sein, in einem unheimlichen Wald oder am Ort eines realen, grausamen Verbrechens.
Andreas Winkelmann: Als Autoren sind wir Grenzgänger, befassen uns tagtäglich mit Angst, Schrecken, Horror, tiefsten Abgründen und psychologischen Abartigkeiten – aber nur im stillen, relativ gut behüteten Schreibkämmerlein. Halten wir dergleichen auch real aus? Wie reagieren wir zum Beispiel auf Orte, an denen Entsetzliches geschehen ist? Trauen wir uns, unseren eigenen Ängsten entgegenzutreten? Die Strafen werden so gestaltet sein, dass wir es herausfinden werden – und das ist an Spannung kaum zu überbieten.
Was fasziniert Sie so an Verbrechen, dass Sie sie quasi zu Ihrem Beruf gemacht haben?
Arno Strobel: Es ist das Abtauchen in die Abgründe menschlicher Seelen, das mich am Schreiben von Thrillern und Psychothrillern fasziniert. Das Nachdenken über die unendlichen Möglichkeiten des Verstandes, die filigrane Struktur der menschlichen Psyche und die fatalen Folgen, wenn sie aus dem Gleichgewicht gerät.
Andreas Winkelmann: Bei mir sind es nicht die Verbrechen an sich, sondern die Geschichten, die dahinterstecken. Beispielsweise die Entwicklung vom Menschen zum Täter oder aber der Umgang der Opfer mit solchen Traumata. Außerdem die Emotionen aller Beteiligten. Dazu gehören auch die Menschen, die in solchen Fällen ermitteln, und deren Angehörige. In Verbrechen zeigt sich Zwischenmenschliches in sehr verdichteter, konzentrierter und oft eben auch pervertierter Art und Weise, und das ist sehr spannend und aufschlussreich.
Wenn Sie nicht Krimiautoren geworden wären, welchen Job hätten Sie heute?
Arno Strobel: Ich würde wohl noch den gleichen Beruf ausüben, in dem ich 20 Jahre tätig war: als Informatiker in einer Bank.
Andreas Winkelmann: Ein weiterer Traumjob wäre für mich gewesen, als Guide Menschen an die wildesten Orte der Welt zu führen. Ich bin ja selbst ein Outdoorfanatiker, da liegt es nahe, diese Erfahrungen mit anderen teilen zu wollen.
Gibt es ein Verbrechen, das Sie lange nicht losgelassen hat?
Arno Strobel: Davon gibt es einige, aber besonders in Erinnerung geblieben ist mir der unfassbar grausame und eiskalte Mord an der hochschwangeren Sharon Tate und vier ihrer Freunde durch Mitglieder der Manson Family.
Andreas Winkelmann: Die Geiselnahme von Gladbeck hat mich damals entsetzt und furchtbar wütend gemacht, sie hat mich emotional so richtig erwischt, auch weil sie in meiner unmittelbaren Nähe stattfand. So etwas lässt einen dann nie wieder los.
Muss man als Thrillerautor eine sehr rege Phantasie haben? Oder kommt es in Ihrem Job auf viel mehr an? Struktur, Recherche,Lektüre von Verbrecherakten und Studien zu Verhaltenspsychologie und gute Menschenkenntnis ...
Arno Strobel: Ich denke, es ist eine Mischung aus allen genannten Punkten. Was in der Aufzählung noch fehlt, aber enorm wichtig ist, ist die Freude daran, Leserinnen und Leser durch vermeintlich versehentlich ausgelegte Spuren in die Irre zu führen.
Andreas Winkelmann: Phantasie steht für mich an erster Stelle. Ich erfinde Geschichten, das geht nur mit Phantasie. Dann die Empathie. Die Gabe, tief in die Gefühle und Gedanken der Menschen eintauchen zu können, egal ob Täter, Opfer oder Ermittler. Das zu können, erfordert Erfahrung und Menschenkenntnis. Recherche und Studien sind wichtig, ersetzen aber niemals die Phantasie, und wenn sie es doch tun, kommen hölzerne Geschichten dabei heraus, die mich nicht packen.
Wieso sollte man sich als Krimifan Ihren neuen Podcast auf keinen Fall entgehen lassen?
Andreas Winkelmann: Weil man als Krimi- und Thriller-Fan sonst etwas wirklich Tolles verpasst!