Ihr Buch in drei Worten?
Darf ich stattdessen auch einen einzelnen Satz nehmen? Dann würde ich sagen: Als die Toten sprechen lernten ...
Worum geht es genau?
Um eine junge Frau namens Fanny Goldmann, die Anfang des 20. Jahrhunderts den großen Traum hat, Gerichtsmedizinerin zu werden, und auf dem schwierigen Weg dorthin in einen spannenden Kriminalfall verwickelt wird.
Gab es damals schon Frauen in der Gerichtsmedizin?
Es gab im deutschsprachigen Raum bereits vereinzelt Medizinerinnen. Eine davon wurde sogar zur Bestsellerautorin. Dr. Anna Fischer Dückelmann veröffentlichte bereits 1901 ein medizinisches Nachschlagewerk für Frauen, in dem sogar damalige Tabuthemen wie Masturbation, Verhütung und Homosexualität thematisiert wurden. Dieses Buch kommt übrigens auch in der Totenärztin zur Sprache. Eine Gerichtsmedizinerin wäre also zumindest im Bereich des Möglichen gewesen, auch wenn ich keinen Beleg für einen konkreten Fall recherchieren konnte.
Sie sind selbst Mediziner. Hilft Ihnen das beim Schreiben?
Sehr. Tatsächlich war das komplizierteste am Schreibprozess ein medizinisch fundiertes Bild von den Obduktionen zu liefern und das ganze trotzdem unterhaltsam zu gestalten. Ich weiß nicht, ob das ohne ein gewisses Grundverständnis möglich ist. Natürlich wollte ich eine unterhaltsame und spannende Geschichte erzählen, aber mir ist auch wichtig, dass man beim Lesen Fannys (und auch meine) Faszination für die Wunder des menschlichen Körpers spürt.
Auf was für kuriose Fakten sind Sie bei der Recherche für das Buch gestoßen?
Die Kaiserin Elisabeth (genannt Sisi) spielt eine wichtige Rolle in dem Buch, auch wenn sie zum Zeitpunkt der Handlung bereits tot ist. Hier haben sich in der Recherche einige wirklich interessante Details für mich aufgetan. Zum Beispiel besaß die Kaiserin eine eigene Kokainspritze, mit der sie sich gelegentlich Kokain zur Behandlung ihrer Melancholie injizierte. Angeblich meinte sie kurz vor ihrer Ermordung zu einer Freundin, sie wünschte, ihre Seele könnte durch ein kleines Loch in ihrem Herzen entweichen. Bekannterweise wurde ihr ja von ihrem Mörder eine Feile ins Herz gerammt. Der Stichkanal und die Verletzung waren so schmal, dass die Kaiserin zunächst nichts von ihrer Verletzung merkte. Sie dachte, ihr Mörder wollte ihre Uhr stehlen. Sie bestieg noch ein Schiff, wo sie schließlich zusammenbrach. Spannend war auch, die Obduktionsberichte der Kaiserin und den ihres Sohns, Kronprinz Rudolf, der ja Selbstmord begangen hat, zu lesen. Die Kaiserin hatte Hungerödeme, was auf schwere Unterernährung und eventuell Magersucht schließen lässt. Außerdem trug sie an der Schulter einen tätowierten Anker, für ihren Stand eigentlich ein absolutes NoGo. Was den Kronprinzen anbelangt, so fällt auf, dass man bei der Obduktion einen Anlass finden musste, der bewies, dass Rudolf nicht bei Sinnen war, als er seine Tat beging. Warum war das so wichtig? Man hätte dem Kronprinzen sonst ein christliches Begräbnis verwehrt. Für die erzkatholischen Habsburger undenkbar. So wurden Befunde wie «abgeflachte Hirnwindungen» beschrieben, um zu begründen, warum der Kronprinz in diesem Moment nicht zurechnungsfähig gewesen sein konnte.
Was sollten wir sonst noch über Ihr Buch wissen?
Es wird spannend, es wird witzig und man erfährt viel über die Medizin der damaligen Zeit. Wer sich ein Übermaß an Gewalt erhofft, könnte aber enttäuscht werden. Vielleicht kann ich noch verraten, dass es nicht Fannys letztes Abenteuer gewesen sein wird, was mich besonders freut.
Noch irgendetwas, das Sie gern allen Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben möchtest?
Ich wünsche Ihnen allen viel Freude beim Lesen. Lassen Sie mich gerne wissen, ob es Ihnen gefallen hat.