Im Gespräch

Nicole Jäger über ihr neues Buch «Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein»

Nicole Jäger verbindet Lebenshilfe mit Humor – und sie bestärkt Frauen, sich ihr Glück zuzutrauen.

Nicole Jäger im Gespräch

Nicole, in deinem Buch sprichst du darüber, dass jede und jeder das Recht hat, glücklich zu sein. Was hat dich dazu gebracht, über dieses Thema zu schreiben, und was hoffst du, dass deine Leser daraus mitnehmen?

Wir alle kämpfen. Die einen mehr, die anderen weniger aber im Grunde gehen wir alle auf unserem Weg einmal kaputt, straucheln oder haben es schwer. Oft denkt man dann, man müsse erst all die Aufgaben erledigen, die das Leben einem stellt, ehe man anfangen kann, glücklich zu sein. So als wäre das Leben einzig eine zu meisternde Aufgabe und wir dürften erst Erfüllung finden, wenn wir besser aussehen, schlanker sind, mehr Geld haben, weniger krank sind etc. Die Wahrheit ist aber, dass die Hürden des Lebens und ein grundlegendes Gefühl von Glück und Zufriedenheit zeitgleich existieren können. Wir müssen uns nicht erst in alle Richtungen „verbessern“ ehe wir das Leben schön finden oder genießen dürfen. Ich habe selbst sehr viele Jahre meines Lebens damit zugebracht so zu sein wie andere mich gerne hätten – und nicht zuletzt auch so, wie ich glaubte sein zu müssen, um Anerkennung und Glück zu finden. Auf den Moment zu warten an dem alles schön ist, damit ich dann in die Vollen des Lebens eintauchen kann hat mir exakt eines gebracht: Verstrichene Zeit die ich nicht zurückbekomme. Daher dieses Buch weil ich hoffe dass es Menschen dabei hilft zu erkennen, dass „Jetzt“ immer der richtige Zeitpunkt ist um glücklich zu sein und dass wir nicht erst 30kg verlieren, 300 Überstunden machen und den Ansprüchen anderer genügen müssen, ehe wir glücklich sein dürfen.

 

Du erzählst in deinem Buch, wie du beruflich und privat neue Wege gefunden hast und dich selbst akzeptiert hast. Welche Momente oder Entscheidungen haben dir dabei geholfen, dein Leben selbst in die Hand zu nehmen?

Irgendwann habe ich festgestellt, dass sich nichts verändern wird, wenn ich mich nicht verändere. Und damit meine ich nicht meine Optik. Das was uns von Selbstakzeptanz abhält ist häufig der Druck von außen und der innere Glaube, man habe Gutes erst dann verdient, wenn man weniger Schwächen hat. Das stimmt jedoch nicht. Warten wir aber darauf, dass das Außen uns die Erlaubnis gibt, werden wir ewig warten müssen. Statt dessen habe ich mich gefragt, warum ich mich aufhalten lasse. Von Blicken, von Meinungen, von der manchmal sehr lauten Stimme in meinem Kopf die mir sagt: „Du kannst das nicht“ oder „davor solltest Du Angst haben.“ Ich habe irgendwann beschlossen, diesen Stimmen und Gefühlen zu widersprechen. Angst habe ich noch immer aber das ist Okay, ich mache Dinge jetzt halt ängstlich. Das ändert am Gefühl erst einmal nichts aber es ändert deutlich etwas an meiner Lebensqualität. Das Leben ist nämlich kurz und es ist vor allem nicht garantiert. Ich weiß nicht was morgen ist. Ich weiß nicht, ob ich all meine Ziele erreichen kann und werde. Aber was ich kann ist dafür zu sorgen, dass ich mich selbst nicht davon abhalte, mein Leben mit ganz viel Leben und Positivität zu füllen. Und das nicht erst, wenn das Spiegelbild perfekt ist, die Gesellschaft es einem gnädiger weise erlaubt oder ich all meine Baustellen und Ängste abgebaut habe. Denn hört man nur auf die Meinung anderer, verbringt man sein eigenes Leben mit angezogener Handbremse und hinter emotionalen Mauern. Das ist einfach nicht in Ordnung. Also habe ich beschlossen, es eben nicht erst „danach“ zu machen, sondern immer jetzt. Zur Not halt ängstlich, unvollkommen, mit dickem Po oder mit Zweifeln. Was am Ende bleibt sind nämlich Erinnerungen und ein Leben, dass sich nach leben anfühlt.

Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein
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Nicole Jäger

Du hast ein Recht darauf, glücklich zu sein

Nicole Jäger führt ein Leben, von dem viele Menschen träumen: Sie schreibt Bücher, spielt in ausverkauften Hallen und tritt im Fernsehen auf. Und sie war trotzdem noch nie so unglücklich wie an jenem Tag, an dem sie sich spontan ins Auto setzt, um ungeplant allein einen ...
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Du kombinierst in deinem Buch Humor mit Tipps fürs Leben, besonders wenn es um das Empowerment von Frauen geht. Wie siehst du den Nutzen von Humor, wenn es darum geht, persönliche und gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern? Hast du Strategien, die du empfiehlst, um schwierige Themen mit einer Prise Humor zu behandeln?

Humor ist wie ein kühlendes Gel auf einem starken Sonnenbrand. Er kann den Schmerz und die Schwere vieler Themen nicht nehmen aber er kann alles erträglicher und ein wenig leichter machen. Humor ist im Grunde ein Transportmittel für Emotionen und ein Türöffner in die Köpfe und Herzen von Menschen. Er macht es einfacher über schwierige Themen zu sprechen, weil wir alle viel lieber zuhören, wenn wir uns dabei wohlfühlen und vielleicht sogar lachen können. Auch über uns selbst. Klar ist das Leben manchmal wirklich hart und schwierig aber überall dort wo Schmerz ist, ist auch immer Humor. Man muss ihn nur finden wollen. Und entgegen der Annahme, dass Humor nichts in schweren Momenten zu suchen hätte bin ich davon überzeugt, dass wir ihn gerade dann brauchen, wenn das Leben einen harten linken Haken hat. Denn zu lachen wenn alles eitel Sonnenschein ist, ist einfach aber nötigiger noch ist es in den dunkleren Momenten. Humor ist eben nicht die Abwesenheit von Schmerz, es ist dessen Katalysator, Pflaster, Sprachrohr oder einfach nur eine kurze Auszeit von all dem, was das Leben so für Hürden parat hält. 

Ich würde stets jedem empfehlen die Augen und Herzen offen zu halten für die absurden Aspekte der eigenen Situation. Das Leben ist voller Humor. Sogar zu scheitern hat wahnsinnig witzige Aspekte. Humor hilft, die Dinge differenzierter zu Betrachten. Er schafft Perspektiven. Raum zum Lachen bedeutet auch, Raum zum Atmen zu haben und Humor verbindet Menschen. Er ist die Stärke in schwachen Momenten und nichts hilft an Tagen an denen man das Gefühl hat, dass alles einfach enorm anstrengend ist so sehr, wie ein herzliches Lachen. Also rede ich gerne über Themen die nicht so einfach sind und mache das mit Humor. Dann ist es leichter zu verstehen, anzunehmen, zu fühlen und zu hinterleuchten. Und immer wenn man glaubt, dass gerade wirklich nichts witzig ist hilft es, sich einfach an vergangene Herausforderungen im Leben zu erinnern und zu sehen, dass mit der nötigen vergangenen Zeit, der Humor darin sehr einfach sichtbar ist. Er ist da und zu lachen ist immer – wirklich immer – erlaubt!

Es ist immer der richtige Zeitpunkt für einen Neuanfang und immer der richtige Moment für Mut.

Wie hat das Schreiben dieses Buches dich persönlich verändert, und welche neuen Seiten hast du an dir entdeckt?

Bücher zu schreiben ist für mich ein arg intensiver Prozess der Auseinandersetzung mit mir selbst. Ich denke jedes Mal, dass ich absolut den Durchblick habe und genau weiß, was ich sagen will. Und dann finde ich mich plötzlich kopfüber ganz tief in meinen Emotionen und bin überrascht, wie herausfordernd, offen, ehrlich und persönlich das Buch am Ende geworden ist. Mir schenkt das Mut. Den Mut zu fühlen, auszuprobieren, mich vom Leben mitreißen zu lassen auch wenn ich nicht immer weiß, wo ich am Ende strande. Das Leben ist wahnsinnig schön und wenn wir innehalten und uns erlauben, dieses Schöne auch in allem zu sehen, auch in uns und unserer Unvollkommenheit, dann sind wir mit etwas Glück auch in der Lage zu sehen, dass es nur darauf wartet, von uns am Schopf gepackt und gelebt zu werden. Ganz und gar. Und der richtige Moment dafür ist immer jetzt. Wir haben ein Recht darauf, glücklich zu sein. Nicht erst „irgendwann einmal“ sondern immer genau hier, genau jetzt. 

 

Henning Heide
© Henning Heide
Nicole Jäger

Nicole Jäger lebt in Hamburg. Sie ist Autorin und Stand-up-Comedian. Gleich mit ihrem ersten Buch «Die Fettlöserin» landete sie einen Bestseller. Aus der dazugehörigen Lesereise entwickelte sich ihr erstes Stand-up-Comedy-Programm «Ich darf das, ich bin selber dick». Ihr zweites Buch «Nicht direkt perfekt» erschien 2017, und mit dem gleichnamigen Comedy-Programm tourte sie durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Anfang 2020 hatte ihr drittes Bühnenprogramm «Prinzessin Arschloch» Premiere. In ihrem dritten Buch «Unkaputtbar» beschäftigte sie sich mit dem Thema häusliche Gewalt. Ihr aktuelles Programm heißt «Walküre».

Zur Autorin Bücher von Nicole Jäger