Im Gespräch

Depression schleicht sich langsam an dich heran

«Mein Name ist Maxi Gstettenbauer. Ich leide an Depressionen.»

Meine Depression ist deine Depression
© Marvin Ruppert

Maxi Gstettenbauer hat Depressionen und erleidet häufig Panikattacken. Für einen Stand-up-Comedian mit regelmäßigen Auftritten im Fernsehen und auf der Bühne ist das keine ganz ideale Kombi. Dennoch: Maxi stellt sich ins Rampenlicht, ist erfolgreich, füllt Clubs und Hallen und hat keine Lust mehr, seine Erkrankung zu verheimlichen. Deshalb hat er dieses Buch geschrieben. Für all jene, die mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die verstehen wollen, wie sich eine Depression anfühlt. Und dabei wählt er eine Sprache, die seiner Comedy und seinem Publikum entspricht: klar, witzig, unverblümt und sehr unterhaltsam.

DAS INTERVIEW

Wie schwer ist Ihnen der Entschluss gefallen, mit Ihrer Krankheit an die Öffentlichkeit zu gehen – auf der Bühne, in Interviews, TV-Features wie Quarks und jetzt als Buchautor (auch wenn Sie spotten: «Bücher schreiben ist das neue Töpfern»)?
Ich hatte nach einem Auftritt die Begegnung mit einer Frau und ihrem Freund. Sie erzählte mir, dass sie seit längerer Zeit unter Beobachtung steht, denn die Krankheit habe bei ihr sehr hart zugeschlagen. Der Mann, der sie begleitet hat, war nicht ihr Freund, sondern ihr Pfleger. Sie erzählte mir, dass sie nebenbei in einem Podcast von mir gehört habe, dass ich unter Depressionen leide. Das habe ihr so sehr geholfen, weil sie dachte, sie sei selbst an der Krankheit schuld. Sie meinte, ich sollte öfter darüber reden. Mir hat das eingeleuchtet, und seitdem tue ich es.

Wer nicht weiß, dass Depression mehr ist als periodisches Schlecht-drauf-Sein oder Schübe von Melancholie und Grau-in-Grau, der weiß es nach Ihrem Buch. War der Unfalltod Ihrer älteren Schwester Christiane an Weihnachten 2004 der (oder einer der) Auslöser der Krankheit?
Traumatische Erlebnisse können ein Faktor sein, die eine Depression hervorrufen. Jedoch ist man sich nicht einig darüber, was nun die genaue Ursache ist. Das ist auch mit eines der großen Probleme für Betroffene: Man hat zwar in seinem eigenen Leben Anhaltspunkte, wie es so weit kommen konnte – doch die hundertprozentige Antwort darauf gibt es oft nicht. Was zählt, ist aus meiner Sicht: einen eigenen Umgang mit der Krankheit zu finden.

Ich wüsste nicht, wo ich heute ohne Therapie stehen würde. 

«Es ist mutig zu sagen: Ich bin machtlos. Hör auf, gegen dich zu kämpfen, denn du bist nicht kaputt. Du hast eine Krankheit, die du dir genauso wenig ausgesucht hast wie deine Lieblingsfarbe. Also weg mit der Schuld.» Kommt man ohne professionelle Hilfe an einen solchen Punkt? Wie war das bei Ihnen?
Ich wüsste nicht, wo ich heute ohne Therapie stehen würde. Deshalb kann ich die Frage nicht beantworten, ob man das ohne professionelle Hilfe schafft. Ich würde mir wünschen, dass das möglich wäre – kann es aber aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Mir stellt sich die Frage nach Therapie – ja oder nein? nicht. Mentale Gesundheit muss genauso behandelt werden wie körperliche Gesundheit. Das heißt, unser Gesundheitssystem muss sich genauso um mentale Gesundheit kümmern, damit man mit Problemen dieser Qualität nicht langfristig alleingelassen wird.

Torsten Sträter, Kurt Krömer, Maxi Gstettenbauer … Haben Sie eine Vermutung, weshalb so viele Menschen aus der Unterhaltungsbranche – nicht nur in Deutschland – mit Depression zu kämpfen haben?
Ich glaube, zwischen dem Beruf des Entertainers und der Depression gibt es überhaupt keinen Zusammenhang. Der einzige Unterschied ist: Wir dürfen darüber sprechen, und darum kommt einem das so häufig vor. Wir sind damit viel sichtbarer als jemand, der schweigend im Büro sitzt und seine Erkrankung nicht thematisieren darf, weil er sonst berufliche Schwierigkeiten bekommt.

Meine Depression ist deine Depression

«Dieses Buch hat die gleiche Botschaft wie meine Comedy: Du bist okay. Selbst wenn du glaubst, du bist es nicht.»
Maxi Gstettenbauer hat Depressionen und erleidet häufig Panikattacken – was für einen Stand-up-Comedian mit regelmäßigen Auftritten im Fernsehen und auf der Bühne keine ganz ideale Kombi ist. Dennoch: Maxi stellt sich ins Rampenlicht, ist erfolgreich, füllt Clubs und Hallen und hat keine Lust mehr, seine Erkrankung zu verheimlichen. Deshalb schreibt er dieses Buch: für all jene, die mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die verstehen wollen, wie sich eine Depression anfühlt. Und dabei wählt er eine Sprache, die seiner Comedy und seinem Publikum entspricht: klar, witzig, unverblümt und sehr unterhaltsam.

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Was hat sich für Sie als Comedian nach Ihrem «Outing» geändert: auf der Bühne, vor und mit Ihrem Publikum?
Das Buch stößt auf große Resonanz. Viele Betroffene schreiben mir, dass es ihnen guttut, und Angehörige schreiben mir, dass sie jetzt ein besseres Verständnis der Krankheit bekommen haben. Das berührt mich sehr – und ist mehr, als ich mir erhofft hatte.

Es gibt sehr lustige Passagen in Ihrem Buch: «Depression ist wie Béla Réthy im Kopf.» Oder, noch mal Fußball: «Der FC Bayern ist der erfolgreichste Fußballclub in Deutschland. Woher wissen wir das? Sie sagen es uns. Jedes verdammte Mal! Ich kann es langsam nicht mehr hören. Ja! Wir haben es kapiert! Ihr seid die Geilsten! Könnt ihr jetzt einfach eure vergoldeten Steaks essen und Ruhe geben?» Ob Sie wohl jemals als Entertainment-Act zur Jahreshauptversammlung des FC Bayern München eingeladen werden?
Total gerne, aber ich glaube, die haben mit Thomas Müller auch einen hervorragenden Entertainer in ihren Reihen. Die brauchen da keine externe Beratung.

Ihr Buch ist nicht zuletzt eine Liebeserklärung an Ihre Frau Eva. Ganz sicher auch, weil sie in der Zeit, in der Sie sie so sehr gebraucht haben, etwas Wichtiges beherzigt hat: «Da sein, aber nicht retten wollen.» Stützen: ja. Aber aufrecht gehen muss man als depressive Person selbst …
Dem gibt es nichts hinzuzufügen.

❌ Achtung ❌
Wenn Sie selbst an Depressionen leiden oder auf der Suche nach Unterstützung sind, dann bieten folgende Stellen Hilfe an:

📞 Telefonseelsorge
anonyme, kostenlose Beratung zu jeder Tages- und Nachtzeit unter den bundesweiten Telefonnummern (0800) 111 0 111 oder (0800) 111 0 222. Die Telefonseelsorge bietet auch eine Mail- und eine Chat-Beratung an (telefonseelsorge.de)

📞 Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe

erreichbar montags, dienstags und donnerstags von 13 bis 17 Uhr sowie mittwochs und freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr unter (0800) 33 44 533. Die Deutsche Depressionshilfe bietet auch einen Selbsttest sowie Informationen und Adressen rund um das Thema Depression an.

Maxi Gstettenbauer

Maxi Gstettenbauer

Maxi Gstettenbauer, 1988 in Straubing geboren, ist mehrfach ausgezeichneter Stand-up-Comedian, Moderator, Autor und Podcaster. Mit seinem mittlerweile sechsten Soloprogramm «Stabil» tourt er momentan quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Darüber hinaus ist Maxi ist in allen relevanten Comedyformaten regelmäßig zu Gast. Seit 2021 ist er auch jeden Dienstag zusammen mit Alain Frei im Podcast «Gut abgehangen» zu hören. 2025 ist er zudem Teilnehmer der TV-Show «Das große Promibacken». 2022 erschien sein Bestseller «Meine Depression ist deine Depression. Ein Buch gegen das Alleinsein».