Mit Angela Merkel auf dem Golfplatz, mit Rezo auf YouTube, mit Markus Lanz im Fernsehstudio – das ist gleichermaßen komisch und entlarvend. Journalist und Medienkritiker Lorenz Meyer versteht es wie kein Zweiter, den Zungenschlag der deutschen Prominenz in seinen fiktiven Porträts zu imitieren. Deutschland in 20 (fast wahren) Geschichten, u. a. mit Richard David Precht, Ina Müller, Harald Martenstein, Gabor Steingart, Armin Laschet, Barbara Schöneberger, Frank Thelen, Jochen Schweizer, Horst Lichter, Frauke Ludowig, Fynn Kliemann, Dieter Bohlen, Christian Lindner, Thomas Gottschalk, Bibi & Dagi Bee, Kevin Kühnert und Giovanni di Lorenzo.
«Fürst Albert von Monaco bekennt heikle Jugendsünde: Ich duschte heimlich nackt!»
«Eine vergnügliche Gesellschaftskritik, die in ihrer Härte und Komik allenfalls von der Wirklichkeit übertroffen wird.» (Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen)
DAS INTERVIEW
Der Buchtitel ist perfekt gewählt. Keine Kreuzfahrt ins Heilige Land, aber als Kreuzritter durch Deutschland im Infight mit zwanzig bestens bekannten Figuren des öffentlichen Lebens. Nicht gerade ein Buch, mit dem man sich bei den hier porträtierten Promis Freunde macht, oder?
Vielleicht überrascht es Sie, aber ich bin eigentlich harmoniebedürftig und habe durchaus Sympathien für einige der porträtierten Personen. Es sind Menschen, mit denen man sicher einen netten Abend verplaudern könnte, sie haben sich aber in besonderer Weise für Gesellschaftskritik qualifiziert. Insofern haben Sie recht: Das Buch ist nicht dazu angetan, sich Freunde bei den Promis zu machen. Ich kann und muss damit leben und tröste mich damit, dass ich vielleicht Freunde unter den Lesern und Leserinnen hinzugewinne.
Precht-Kloster, Precht-Komparsen, Precht-Kollektion: schwer vorstellbar, dass Richard David Precht, der aktuell auf allen Kanälen schwer unter Beschuss ist (Precht/Welzers «Die vierte Gewalt», der RDP-Rap von Carolin Kebekus), den ihn betreffenden Text lässig weglächelt. Oder unterschätze ich das Humorreservoir des telegenen «Universalgelehrten»?
In der Recherche zum Buch habe ich Richard David Precht nicht nur gelesen, sondern ausgiebig seinen Podcast und seine Fernsehsendung gehört und gesehen. Dort erschien er mir meist eloquent und charmant. Doch irgendwann ist etwas gekippt, und seine durchaus gewinnbringende Souveränität ist in Teilen einer gekränkten Emotionalität und Feindseligkeit gewichen. Ich wünsche mir den alten Precht zurück, der im Idealfall bei der Lektüre ertappt lachen kann.
Mir war wichtig, dass die Porträtierten nicht nur Prominenz und Relevanz mitbringen, sondern auch eine bestimmte Haltung und unverkennbare Tonalität in ihren Äußerungen repräsentieren.
Ina Müller, Rampensau; Markus Lanz, selbstverliebter Selbstinterviewer; Armin Laschet, Schrebergärtner und Nachfahre Karls des Großen; Frauke Ludowig, RTL-Wunderwaffe mit Keksdosen-Set; Horst Lichter, «Bares für Rares»-Macher mit Tendenz zu überschäumender Rhetorik («Hallöschen, meine Bezaubernde»); «Huckleberry» Fynn Kliemann («Erst mal n Bier reindübeln»). Nach welchen Kriterien haben Sie die Liste Ihrer Porträtopfer zusammengestellt?
Mir war wichtig, dass die Porträtierten nicht nur Prominenz und Relevanz mitbringen, sondern auch eine bestimmte Haltung und unverkennbare Tonalität in ihren Äußerungen repräsentieren. Alles begann mit einer Grafik voller bunter Digital-Haftzettel, die ich über einen längeren Zeitraum zusammengetragen hatte: oben Kategorien wie Unterhaltung, Wirtschaft und Politik, darunter infrage kommende Prominente. Und in Hamburg habe ich mich mit meiner Lektorin zusammengesetzt, und wir haben die Namen am Bildschirm hin- und hergeschoben. Am Ende war klar, welche Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei der ersten «Kreuzfahrt durch die Republik» dabei sein müssen.
Einige bekommen frontal ihr Fett ab, andere nur ein paar Spritzer. Man hat den Eindruck, dass Sie die leidenschaftliche Minigolferin Angela Merkel schonen wollten, nachdem (Ihre) Barbara Schöneberger ihr mit impertinenten Fragen schon heftig zugesetzt hat. Gibt unsere Ex-Kanzlerin satirisch einfach nicht mehr her?
Vielleicht hat sich Angela Merkel als Bundeskanzlerin auch deshalb so lange gehalten, weil sie einen unaufgeregten, betont nüchternen und kontrollierten Politikstil pflegte und nicht zu lautem Machtgehabe neigte. Andererseits verströmte sie oft das Charisma eines Staubsaugerroboters, und ihre Rhetorik hatte die Anziehungskraft einer zwanzigseitigen Verwaltungsvorschrift. Ich hoffe, mein Text wird ihr in dieser Beziehung gerecht.
Kreuzfahrt durch die Republik
«Eine vergnügliche Gesellschaftskritik, die in ihrer Härte und Komik allenfalls von der Wirklichkeit übertroffen wird.»
Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen (1720-1797)
Mit Angela Merkel auf dem Golfplatz, mit Rezo auf Youtube, mit Markus Lanz im Fernsehstudio – das ist gleichermaßen komisch und entlarvend, denn Meyer versteht es wie kein Zweiter, den Zungenschlag der deutschen Prominenz zu imitieren.
Journalist und Medienkritiker Lorenz Meyer führt in diesem Buch fiktive Gespräche mit Prominenten aus Politik und Unterhaltung und zeigt uns Deutschland in 20 fast wahren Geschichten mit:
Markus Lanz, Armin Laschet, Richard David Precht, Harald Martenstein, Gabor Steingart, Ina Müller, Rezo, Barbara Schöneberger, Frank Thelen, Angela Merkel, Jochen Schweizer, Horst Lichter, Frauke Ludowig, Fynn Kliemann, Dieter Bohlen, Christian Lindner, Thomas Gottschalk, Bibi & Dagi Bee, Kevin Kühnert und Giovanni Di Lorenzo.
Großartig finde ich, dass Sie die Porträts in teilweise haarsträubend abstruse Binnenstorys packen (Stichwort: Tim Mälzer/Ina Müller, Mind-Stretching-Director bei Gabor Steingart). Hat sich das im Laufe des Schreibens so ergeben, oder war dieser Ansatz von vornherein klar?
Ich wollte einen unvoreingenommenen Protagonisten auf die Reise schicken, der jeder Begegnung mit positiver Neugier und aufgeregtem, fast naivem Interesse entgegenfiebert. Zunächst hatte ich an die klassische Interviewform gedacht, doch dann fand ich die Umstände der Begegnung spannend, die Überforderung und letztendlich auch das Scheitern.
Eine «person of interest» fehlt überraschenderweise in Ihrem «Bestiarium». Eine Frau, die der hochkultivierte Roger Willemsen einmal derart rabiat anging, dass es eine Freude war: Heidi Klum. Warum – what about Heidi?
Heidi war tatsächlich in der engeren Wahl, konnte sich aber nicht für den Recall qualifizieren. Ich sehe jedoch großes Potenzial. Wenn sie weiter an sich arbeitet, entsprechenden Einsatz zeigt und nicht herumzickt, stehen ihre Chancen gut für die nächste «Kreuzfahrt durch die Republik».
Sollte es eine Fortsetzung Ihrer Porträt-Kreuzfahrt geben: Auf wen (außer Heidi Klum) dürften wir uns da freuen: Carsten Maschmeyer, Claudia Roth, Lothar Matthäus, Karl Lauterbach, vielleicht sogar Richard «Mörtel» Lugner?
Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich zum derzeitigen Zeitpunkt noch nichts über das nächste Buch und die darin vorkommenden Promis verraten kann. Die Gefahr ist zu groß, dass sie sich bewusst verstellen, um Einfluss auf die Geschichten zu nehmen.
Richard «Mörtel» Lugner wird jedoch nicht dabei sein, denn hierbei kann es sich nicht um eine real existierende Person handeln. Ich tippe eher auf eine Kunstaktion einer Theatertruppe, eine Art Intervention im öffentlichen Raum. In diesem Zusammenhang ein großes Lob an die wechselnden Interpreten, die jedes Jahr und mit großer Inbrunst den Opernball-Casanova mimen und selbst vor den peinlichsten Szenen nicht zurückschrecken.