Packen Sie Ihre Denk- und Rätselfähigkeiten aus! Lorenz Meyer hat ganz normale Sprichwörter und Redewendungen in aufgeblähte Behördensprache und umständliches Amtsdeutsch übersetzt. Das ist äußerst komisch, vor allem wenn man daraus ein Spiel macht: Lesen Sie die umformulierten Sätze und raten Sie, welches Sprichwort wohl dahintersteckt. Es erwartet Sie ein amüsantes Leseerlebnis mit allerlei Bürokratensprech und Verwaltungskauderwelsch. Machen Sie mit – denn: Wer risikoaffin handelt, hat die Ergebniserwartung zu 50 Prozent erfüllt! (Will sagen: Frisch gewagt ist halb gewonnen.)
DAS INTERVIEW
Wenn man sich in Ihrem wunderbar unterhaltsamen Buch von Beispiel zu Beispiel durchhangelt, denkt man: Da muss es für Herrn Meyer doch ein initiales Erlebnis gegeben haben, einen Moment, wo er sich zum ersten Mal lustvoll am Transfer eines Sprichworts in Behördendeutsch versucht hat. War dem so?
Die Initialzündung für meine ungewöhnliche Leidenschaft geht auf einen denkwürdigen Moment unmittelbar nach meiner Geburt zurück. Wie die Familiengeschichte erzählt, war mein Großvater ein hoch angesehener Bürokrat, der für seine Liebe zur Amtssprache bekannt war. Bei meiner Geburt, so erzählte mir mein Vater, sei er vor Freude so überwältigt gewesen, dass er das übliche «Ein gesundes Baby» in bestem Amtsdeutsch verkündete: «Hiermit können wir die erfolgreiche Inauguration eines robusten menschlichen Jungorganismus feststellen!» Dieses Erlebnis löste in mir eine lebenslange Liebe zum Behördendeutsch aus. Und zu Lügengeschichten.
Auf Twitter sind Sie bekannt geworden als «Beamtenflüsterer». Hat Sie der Erfolg Ihrer Tweets überrascht?
Als ich auf Twitter dazu aufrief, mir Redewendungen oder Sprichwörter zu schicken, um sie ins Behördendeutsch zu übersetzen, hätte ich nicht erwartet, dass diese Aufforderung eine solche Resonanz hervorrufen würde. Innerhalb weniger Stunden hatte mein Tweet mehr Retweets und Likes gesammelt als das Video einer Katze, die Einrad fährt und dabei Saxofon spielt. Ehrlich gesagt war ich sprachlos … Aber nicht zu lange, denn ich musste ja die Einsendungen beantworten, und zwar in der Zeit von 10.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 16.00 Uhr.
Rein sprachlich bietet das Behörden-/Beamten-/Papierdeutsch ja eine Menge Feinheiten, die man durchaus mal würdigen könnte. Waghalsige Passivkonstruktionen, nie gehörte Komposita, Wegfall des Fugen-s («Einkommensteuer»), monsterlange Sätze mit Präpositionalketten, 1-a-Neologismen (wie «Beelterung» für die Vermittlung einer Pflegefamilie für ein Kind) … Könnte es sein, dass Sie als praktizierender language transformer bei so etwas eine klammheimliche Freude verspüren?
«Language Transformer» klingt überaus satisfying: Es lässt mich als High Performer erscheinen und verleiht meiner Arbeit eine gewisse Glamourosity. Und es bringt mich auf eine neue Idee: ein ganzes Buch, gefüllt mit klassischen deutschen Redewendungen, übersetzt in «Denglisch»! Das wäre doch ein Gamechanger, oder?