Ihr ernährungswissenschaftlicher Ansatz stellt eine dezidierte Kritik an den Versprechungen und Werbemethoden der Diätindustrie dar, an deren ganzer Geschäftslogik. Was lässt Menschen immer wieder in diesen bunten Diätenreigen einsteigen, obwohl uns insgeheim doch bewusst ist, dass Diäten uns nicht von unserem «Essproblem» befreien?
Diäten sind nicht die Lösung des Problems. Sie sind eher das Problem. Diäten scheitern, weil wir sie nicht dauerhaft durchhalten können. Betrachtet man es aus der Sicht der Lebensmittel- oder Diätindustrie, sollen wir das auch gar nicht – immerhin geht es um immense Profite. Würden all die angepriesenen Diäten funktionieren, ließe sich damit nichts mehr verdienen. Die Diätindustrie suggeriert, wir seien nur dann glücklich, wenn wir auf der körperlichen Ebene Ergebnisse erzielen, indem wir uns an ihre Ideen und Produkte halten. Wenden wir uns aber vom Diätplan ab und folgen unseren Bedürfnissen, ist es oftmals schnell vorbei mit dem Erfolg – wir kehren zurück in den alten Teufelskreis. Diäten sind nichts anderes als ein Ausdruck der inneren Ratlosigkeit. Da wir wissen, dass wir mit Achtsamkeit und intuitivem Essen keine sofortigen Antworten erwarten können und damit auch keine schnellen Ergebnisse erzielen werden, lassen wir uns auf die Versprechen der Diätindustrie ein und erzwingen einen kurzfristigen Effekt, anstatt die eigenen Ernährungsgewohnheiten dauerhaft umzustellen. Mit einer Diät versuchen wir also nur, der Arbeit mit uns selbst aus dem Weg zu gehen und zu vermeiden, uns unseren eigentlichen Problemen und Bedürfnissen zu stellen.
Neben einer Identifizierung der Multiplikatoren des emotionalen Essens (Scham, Perfektionismus, Hochsensibilität, Stress) steht für Sie die Umcodierung negativer durch positive Glaubenssätze rund ums Essen im Fokus. Wie wichtig ist das?
Dinge, auf die wir uns konzentrieren, wachsen unbewusst in uns weiter. Das heißt: Je mehr wir unseren negativen Gefühlen freien Lauf lassen, umso mächtiger werden sie auch. Je stärker wir also an Dinge glauben oder glauben wollen, desto mehr werden sie ein Teil von uns. Wenn man also glaubt, dass man ein*e «Diät-Versager*in» ist, vielleicht auf ewig dazu verdammt ist, dick zu bleiben, dann formt man damit sein eigenes Selbstbild. Glaubenssätze sind – ähnlich wie Gewohnheiten – mächtige Mitspieler im emotionalen Essen. Wer in negativen Glaubenssätzen denkt und spricht, fällt negative Urteile über sich. Wir beleidigen und degradieren uns so unbewusst selbst. Während uns negative Glaubenssätze also limitieren und dafür sorgen, dass wir unsere Ziele nicht erreichen, können positive Glaubenssätze uns beflügeln, motivieren und helfen, das zu erreichen, was wir uns vorgenommen haben.