Christiane von Hardenberg, Wirtschaftsjournalistin und Mutter von vier Söhnen, weiß: Geld allein macht zwar nicht glücklich. Aber es schenkt Unabhängigkeit – besonders Frauen. Sie möchte Mut machen und Frauen das Handwerkszeug vermitteln, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen, so wie sie es getan hat: mit Freude, Selbstbewusstsein und der Bereitschaft, auch mal einen Fehler zu machen. So kann das Vermögen wachsen und die persönliche Freiheit ebenso.
DAS INTERVIEW
Wie schwer ist es Ihnen gefallen, nach vielen Jahren im Journalismus (Die Zeit, Süddeutsche, Financial Times) umzusatteln und sich zum ersten Mal ernsthaft um die eigenen finanziellen Belange zu kümmern? Wie haben Ihre Familie, Ihre Freunde reagiert?
Natürlich war es kein kleiner Schritt, meinen Job an den Nagel zu hängen und etwas Neues, Ungewisses zu wagen. Gleichzeitig hatte ich aber einen großen Drang, finanziell unabhängiger zu werden – und das wäre mit meinem Journalistengehalt allein nicht möglich gewesen. Freund und Familie haben eher irritiert reagiert. Es klingt natürlich viel schillernder zu sagen: «Ich bin Journalistin», als: «Ich kaufe und entwickle Immobilien», was ich zunächst getan habe. Offenbar finden es zudem immer noch viele Menschen befremdlich, einfach «nur» Geld zu verdienen. So ein Quatsch, gerade Frauen sollte Geldverdienen wichtig sein! Und das heißt ja nicht, dass man nicht noch einmal etwas anderes machen kann, wie etwa ein unterhaltsames Buch über Geld zu schreiben.
Ihr Buch «Selbst investiert die Frau» richtet sich explizit an Frauen. Sind die – äußeren oder inneren – Barrieren für Frauen tatsächlich höher als für Männer, sich mit Aktien, Immobilien, Wertpapieren, Versicherungen, kurz: mit dem ganzen «Finanzkram» zu befassen?
Offenbar. Studien zufolge kommt auf zwei Männer, die am Aktienmarkt tätig sind, nur eine Frau. Auch schätzen Frauen ihr eigenes Finanzwissen als schlecht oder unzureichend ein. Hinzu kommen alte Rollenmuster: In über 70 Prozent der Fälle war es der Vater, der sich zu Hause um den Finanzkram gekümmert hat. Das prägt natürlich. Aber ich möchte Frauen Mut machen, dies zu ändern.
«Zwischen Broteschmieren, Windelwechseln und Wäscheaufhängen investiere ich in Immobilien und kaufe Wertpapiere von chinesischen Essenslieferanten bis zu deutschen Autoherstellern und von Argentinien bis Vietnam …» Kommt Ihnen Ihr Leben nicht manchmal ziemlich strange vor?
Mit vier Kindern ist der Alltag sehr trubelig, in Corona-Zeiten grenzt es an Wahnsinn. Mein Punkt ist, dass es immer möglich ist, sich um seine Finanzen zu kümmern. «Keine Zeit» ist keine Ausrede. Man kann auch mit wenig Aufwand sein Geld vermehren, etwa indem man passiv gemanagte Aktienfonds (ETFs) kauft. Hauptsache, man fängt an.
Wie, wann und warum man Aktien kauft (und verkauft), wie die Börse arbeitet, warum man ein klug ausbalanciertes Portfolio braucht, wann der Kauf welcher Immobilie sinnvoll ist, wie viel Geld man in hochriskante Investments («Spaßdepot») steckt usw.: Wie haben Sie selbst das alles gelernt? Und: Hat es Spaß gemacht, das zu lernen?
Ich habe viele Bücher gelesen und viel ausprobiert. Zunächst mit sehr kleinen Beträgen, um das Risiko zu minimieren. Mit der Zeit bin ich sicherer geworden, habe aus meinen Fehlern gelernt und die Dinge besser gemacht. Heute ist es übrigens viel einfacher, in das Thema einzusteigen. Es gibt einige Bücher und Blogs, die sich speziell an Frauen richten, auf YouTube gibt es gute Lernvideos. Zudem wächst die Frauen-Finanzcommunity immer weiter.
«Meine Kinder», schreiben Sie, sollen «später ihre Finanzen (nicht) mit einem ähnlich kruden Wissensmix aus Monopoly-Spiel und Weltspartag in die Hand nehmen wie ich früher.» Wie wichtig ist es für Kinder und Jugendliche, zu Hause und in der Schule mit Gelddingen konfrontiert zu werden?
Sehr wichtig! Ich versuche, meinen Kindern immer wieder im Alltag einen gesunden Umgang mit Geld beizubringen. Dazu gehört, dass sie sparen und Geld verdienen, aber auch investieren lernen. Wir schenken unseren Kindern zum Geburtstag beispielsweise eine Aktie, natürlich keine Amazon-Aktie, die weit über 2000 Euro kostet! Wichtig ist, dass die Kinder einen Bezug dazu haben, wie etwa bei Disney oder Domino's Pizza.
Fischfarmen, Schweinebäuche, Hunger in Afrika. Wo liegen die ethischen Grenzen von Investments?
Früher bin ich sehr viel unbedarfter ans Investieren herangegangen, heute mache ich mir sehr viele Gedanken darüber. Also: Darf ich nicht in Facebook-Aktien investieren, weil Facebook Fake News verbreitet, aber Instagram und WhatsApp nutzen? Viele Fonds, die damit werben, nachhaltig zu sein, sind es gar nicht. Oft ist es leichter gesagt als getan, das Richtige zu tun. Umso wichtiger ist es für mich daher, einen Teil meiner Einkünfte zu spenden. Wenn man das Glück und das Privileg hat, Geld verdienen zu können, sollen auch andere davon profitieren.
Wenn Sie Frauen, die in Finanzdingen bislang eher ängstlich und defensiv agiert haben, eine Handvoll Tipps mit auf den Weg geben sollen – welche wären das?
Trotzdem einfach anfangen! Zunächst mit kleinen, überschaubaren Beträgen, am besten erst einmal mit passiv gemanagten Aktienfonds. Geduld mitbringen! Ein Vermögen baut man nicht von jetzt auf gleich auf. Je sicherer Sie sich fühlen, desto mehr werden Sie wagen und natürlich auch Spaß am Geldverdienen haben.