Ihre Bücher und Vorträge faszinieren unzählige Menschen im In- und Ausland: Dr. Anne Fleck, genannt «Doc Fleck». Mit ihrem innovativen und ganzheitlichen Ansatz revolutioniert sie den Blick auf unsere Gesundheit. Deutschlands erfolgreichste Ernährungsmedizinerin kombiniert darin Diagnostik, Präventiv- und Ernährungsmedizin, Naturheilverfahren und Verhaltenscoaching. Dabei setzt Doc Fleck Fett als integrales Modul ihrer Heilmethode ein, mit der sie in den letzten 20 Jahren Tausende von Patienten erfolgreich behandelt hat.
Das Interview
Manche Fette machen schlank und schlau – und andere eben nicht. Worin genau liegt die Heilkraft «guter Fette»?
Die Heilkraft «guter Fette» liegt darin, dass sie unsere Zellen, die kleinsten Einheiten unseres Körpers, stärken und renovieren. Wenn wir den Körper auf seiner untersten Ebene, dem Mikrokosmos der Zelle, heilen, stärkt das den gesamten Organismus auf faszinierende Art. Wichtig ist: Es gibt «gute» Fette, die heilen, und «schlechte» Fette, die killen. Genau darin liegt das Geheimnis der Chancen auf Heilung. Auch darüber, wie man ein gutes von einem schlechten Fett unterscheidet, kläre ich in meinem Buch «Ran an das Fett» auf und hoffe, dass es möglichst vielen Menschen einen neuen, einfachen Weg zur Gesundheit zeigt.
Weshalb halten sich die Klischees und Vorurteile gegenüber Fett derart hartnäckig?
Das Wissen, Fett als Heilmittel einzusetzen, ist noch heute Avantgarde. Leider! Denn bereits seit Jahren ist Fett als Nährstoff rehabilitiert. Nur die Transfette aus industrieller Herstellung und aus einem schlechten Umgang mit Ölen in der Bratpfanne sind bedenklich. Der Kreuzzug gegen das Fett hält seit über 70 Jahren an, ein historischer Irrtum, der sich auf eine nie korrekt bewiesene Hypothese eines einzelnen Wissenschaftlers stützte. Leider sprangen enorm viele – von dieser simplen «Wahrheit» angesteckt, dass Fette böse sind – auf den «Fettarm ist gesund»-Zug auf: Leitlinien, Gesundheitspolitik und zuletzt die Industrie. Mit dem Verbannen von Fett eroberten Zucker und kohlenhydratdichte Nahrung den Ernährungsalltag. Die traurige Konsequenz: Wir ertrinken in einem Tsunami von chronisch-degenerativen Krankheiten und Übergewicht. Deshalb pikse ich an nicht wenigen Stellen in meinem Buch Politiker und Entscheider an. Hier muss dringend etwas passieren!
Viele behaupten, Gesundsein sei ein «Mittelschichtsding». Ist es heute wirklich teuer, gesund zu leben und gesund zu bleiben?
Gesundheit beginnt im Kopf, im Herzen und im Kochtopf. Und: Gesundsein braucht deutlich mehr als Anders-essen. Wer sich nur sklavisch an dogmatische Ernährungsvorschriften klammert, den Genuss dabei ausklammert, versagt sich Lebensfreude – also Dinge, die wie «gute Gedanken» zum Gesundbleiben genauso gehören wie eine Ernährung, die individuell passt wie der perfekte Schuh. Besser-essen muss nicht teurer sein. Nicht nur das «WAS esse ich?» ist wichtig. Das «WIE esse ich, wie kaue ich?» ist genauso wichtig. Kauen, bis ein Brei im Mund entsteht, kostet nichts, erleichtert den gesundhaltenden Darmbakterien die Arbeit und ist ein Gesundmacher de luxe. Auch «WANN esse ich?», der Zeitpunkt der Ernährung, ist entscheidend – also ausreichend lange Pausen, circa 10 bis 12 Stunden zwischen Abendessen und Frühstück, das ich deshalb gerne «Spätstück» nenne. Bei Nahrung liegt das Geheimnis in der Auswahl von «ehrlichen», so nenne ich natürliche, unverarbeitete Lebensmittel, die das Wort «Lebensmittel», also ein echtes Mittel zum Leben, verdienen, und die man hierzulande inzwischen in bester Qualität bekommt. Auch muss nicht alles streng bio sein, wenn der Geldbeutel klein ist. Obst und Gemüse immer lange und gut abwaschen ist die Devise – und Abwechslung. Fette bezieht man, vor allem wenn sie wie Leinöl leicht verderblich sind, idealerweise direkt vom Hersteller.
Müsste gesunde Ernährung nicht ein Unterrichtsfach in allen Schulen sein?
«Gesunde Ernährung» ist ein sperriges und unschönes Wort. Ich spreche lieber von bewusstem Genuss. Ich träume schon lange von dem Fach «Gesundheit» in Schulen, in dem nicht nur innovative Ernährung eine Rolle spielt, sondern auch Schlaf, Bewegung, Rituale wie Dankbarkeit etc. Der Knackpunkt ist allerdings: Ernährung muss nach dem neusten Stand der Forschung gelehrt werden, und das Zauberwort lautet «individuell», denn jeder Mensch ist anders und isst anders, jeder hat eine eigene Wahrheit, eigene Vorlieben und Traditionen. Ernährungsempfehlungen nach Gießkannenprinzip sind weder solide noch zielführend.
Ölziehen – was ist dran an diesem Trend? Alles nur Marketing?
Ölziehen klingt in der Tat wie ein kurioser Trend. Es geht auf die lange und erfolgreiche Tradition der Ayurveda-Medizin zurück. Der Mund ist das Tor zum Körper, und in der Mundhöhle tummeln sich unzählige Mikroorganismen, die ähnlich wie die Darmbakterien unsere Gesundheit sehr machtvoll beeinflussen. Die fürsorgliche Pflege der Mundhöhle durch einfaches Ölziehen, d. h. Spülen des Mundes mit Öl, birgt enormes Potential, Krankheiten zu lindern und vorzubeugen. Neue Studien demonstrieren, dass viele Erkrankungen wie zum Beispiel entzündlich-rheumatische Erkrankungen und Diabetes durch eine kranke Mundhöhle und Zahnfleischentzündung gefördert werden. Hier einfach und gezielt anzusetzen, ist kein dubioser Trend, sondern ein lange bewährtes, traditionelles naturheilkundliches Wissen.
Wie ist das, als renommierte Ärztin mit dem Label «Doc Fleck» (so etwas wie Ihr offizieller Spitzname) aufzutreten?
Doc Fleck, so nannte mich mal einer meiner liebsten Patienten, der mich ermutigt hat, meine Methode, die auch auf das Modul der guten Fette setzt, in Büchern für andere Menschen niederzuschreiben. Dass so viele Menschen meine Bücher lesen und zu Vorträgen und Seminaren kommen, berührt mich sehr. Die Wertschätzung meiner Arbeit zu erleben, ist wunderbar, denn Pionierarbeit ist nicht einfach. Fleck ist ja nun mal mein Name – und es ist lustig, denn wenn ich mich bekleckere, bin ich immer entschuldigt: «Mein Name ist Fleck wie der Fleck.» Mein neues Buch hat übrigens den Spitznamen «der Fettfleck».