Im Gespräch

Yoko ist wie du und ich. Bis das Glück sie verlässt.

Die faszinierende Geschichte einer Mörderin – hautnah und schonunglos erzählt Aichner von einer Frau, die selber nicht ahnt, wozu sie fähig ist.

Bernhard Aichner
© fotowerk aichner

Sie lächelt.
Yoko ist glücklich.
Noch ein paar Minuten lang.
Dann zerbricht alles in Stücke.
Ihr Leben wird zur Hölle.
Und sie zur Mörderin.
Gnadenlos.

 

DAS INTERVIEW

Mit YOKO betritt eine neue Frauenfigur die Thriller-Bühne. Mit wem bekommen wir es zu tun? Wer ist diese Frau, die über Nacht zur Mörderin wird?

Yoko ist Ende zwanzig, als sie die von ihrem Vater geerbte Metzgerei in eine kleine Glückskeks-Manufaktur umwandelt – liebevoll verpackt sie fortan selbst verfasste kurze Gedichte in kleine Kekse, anstatt weiter Schweinehälften zu zerlegen. Sie verliebt sich, ihr Leben ist zum ersten Mal erfüllt von Leichtigkeit. 

Klingt schön, aber so gar nicht nach einem Thriller, oder?

Wie es bei meinen Büchern oft der Fall ist, hätte aus YOKO auch ein wunderbarer Liebesroman werden können. Letztendlich sehnte ich mich beim Schreiben aber doch wieder nach Blut und Spannung. Deshalb habe ich Yoko zur falschen Zeit an den falschen Ort geschickt. Sie liefert eine Kiste Glückskekse an ein chinesisches Restaurant aus. Als sie versucht, im Hinterhof einem kleinen Hund zu helfen, wird sie für ihre Courage von dessen Peinigern bestraft. Yoko wird leichtes Opfer zweier Männer im Gewaltrausch. Alles zerbricht, ihr Leben liegt von einem Moment zum nächsten in Scherben. 

Klingt schon mehr nach Bernhard Aichner. Können sich Leserinnen und Leser wieder auf einen Rache-Thriller freuen? 

Unbedingt. Yoko nimmt ihr Schicksal nämlich nicht einfach so hin. Sie wehrt sich, und das auf krasse Art und Weise. Sie hat eigentlich keine Chance, beschließt aber trotzdem, Haltung zu zeigen. Sie ahnt zunächst weder, dass sie es mit der chinesischen Mafia zu tun hat, noch, mit welch ungewohnter Härte sie für Vergeltung sorgen wird. Da kommt ihr wiederum ihr Metzgerberuf sehr entgegen. (lacht)

Das Motiv der Rache spielt in Ihren Thrillern immer wieder eine zentrale Rolle. Was fasziniert Sie daran?

Rachegeschichten haben mich immer schon begeistert. «Der Graf von Monte Christo» war der Held meiner Jugend, ich liebe diese Geschichte. Das Leid, das die Hauptfigur in diesem Roman empfunden hat, treibt mich heute noch an. Diese Ungerechtigkeit, die Verzweiflung darüber, die Wut und der Zorn. Ich bin bis heute inspiriert davon und baue meine Geschichten auf dieser Emotionalität auf. Man soll fühlen, was Yoko fühlt. Spüren, was sie erleidet. Lieben und hassen wie sie. Ich möchte meine Leserinnen und Leser so tief in die Geschichte hineinziehen, dass es kein Entkommen mehr gibt. Fängt man mit diesem Buch einmal an, legt man es nicht mehr aus der Hand, versprochen.

Ich liebe es, starke Frauenfiguren in meinen Romanen zu etablieren. Viel zu lange haben männliche Helden die Literatur dominiert.

Mit Yoko gibt es neben der Bestatterin Brünhilde Blum aus der TOTENFRAU-Trilogie und Rita Dalek aus DER FUND eine weitere weibliche Hauptfigur in Ihren Thrillern. Was ist für Sie das Besondere daran, als Autor aus der Sicht einer Frau zu schreiben?

Ich liebe es, starke Frauenfiguren in meinen Romanen zu etablieren. Viel zu lange haben männliche Helden die Literatur dominiert. Mich fasziniert die Leidenschaft, mit der sie an Dinge herangehen, aber vor allem auch ihr Fokus – sie wissen genau, was sie wollen und wie sie ihr Ziel erreichen. Und gehen dabei oft ganz eigene Wege. 

Die Statistik sagt, dass es hauptsächlich Männer sind, die morden. Und viel zu oft sind ihre Opfer Frauen, Femizide stehen erschreckenderweise an der Tagesordnung. Deshalb dachte ich mir, ich drehe den Spieß um. Eine Frau erhebt sich über patriarchale Systeme und nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand – und das ihrer Peiniger. 

Sie sind sehr nah dran an Ihren Figuren. Ist das ein Schlüssel Ihres Erfolges?

Ich liebe meine Figuren. Lasse sie aber auch durch die Hölle gehen. Sie machen all die Dinge, für die ich im wirklichen Leben viel zu feige wäre. Ich denke mir diesen ganzen Wahnsinn aus, und meine Figuren dürfen ihn ausleben. Sie loten meine Grenzen aus und dürfen sie auch überschreiten. All mein Übermut fließt da hinein, mein Hang zum Spielen, mein Durst nach Abenteuer und Spannung. Was Yoko durchlebt, habe auch ich durchlebt. Am Schreibtisch zwar, aber immer hautnah. Ich bin mit ihr in dieser Achterbahn gesessen, die aus der Spur geraten ist. Ich habe gelitten und geweint mit ihr. Bin aber auch mit ihr gewachsen.

Ich glaube fest daran, dass in jedem Menschen beides nebeneinander existiert: Gut und Böse, in verschiedenen Ausprägungen.

Ihr Schreibstil ist sehr szenisch, dicht, teilweise auch poetisch. Sie haben einen ganz eigenen Sound entwickelt. Wie kam es dazu? 

Sprache war mir immer wichtig. Deshalb habe ich über die Jahre mit großer Freude an meinem Ton gefeilt. Reduktion ist essenziell für mein Schreiben. Ich möchte nur das Wichtigste erzählen und meinem Publikum größtmöglichen Entfaltungsspielraum geben. Ich skizziere eine Szene, die Leserinnen und Leser malen sie aus und können ihre eigenen Gedanken und Bilder mit einbringen. Durch die Verknappung entsteht ein enormer Sog. Auch die Dialoge haben mit den Jahren einen immer größeren Raum bekommen. Handlung über ein Gespräch voranzutreiben, macht Tempo. Man ist unmittelbar in die Szene hineingeworfen, kein Erzähler verwässert die Situation, es wird nichts bewertet oder interpretiert. Fakt ist, was gesagt wird. 

Glauben Sie noch an das Gute im Menschen? Immerhin ergründen Sie als Autor, wozu Menschen fähig sein können, und spielen es bis zum Äußersten durch.

Ich glaube fest daran, dass in jedem Menschen beides nebeneinander existiert: Gut und Böse, in verschiedenen Ausprägungen. Und ich bin auch davon überzeugt, dass jeder Mensch zum Mörder werden kann. Jeder ist in der Lage, Grenzen zu überschreiten, es muss nur die Motivation stimmen. Kränkung, Gier, Rache, Eifersucht. Ich suche nach den Auslösern, versuche, nachvollziehbar zu machen, warum jemand tötet. Die Grenzen zwischen Opfer und Täter verschwimmen dabei. Täterpsychologie nimmt einen wichtigen Teil meines Schreibens ein. Man fühlt mit Yoko mit. Es geht um Emotionen, die ich wecken will. Erst wenn das gelingt, geht eine Geschichte richtig unter die Haut.

Sie sind ein Spezialist für Happy Ends. Dürfen die Leserinnen und Leser hoffen, dass auch in diesem Thriller wieder alles gut wird?

Ich liebe es tatsächlich, wenn meine Heldinnen und Helden nach all dem, was ich ihnen als Autor im Laufe eines Romans antue, am Ende zumindest ansatzweise aufatmen dürfen. Ob auch hier alles gut wird, kann ich aber nicht beantworten. Ob solche Wunden sich tatsächlich wieder schließen lassen. Versprechen kann ich nur, dass Yoko am Leben bleibt. Im August 2025 erscheint bereits die Fortsetzung dieser als Zweiteiler angelegten Reihe. 

Darf man schon den Titel erfahren?

Das Buch wird JOHN heißen.

Yoko

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Die faszinierende Geschichte einer Mörderin – hautnah und schonunglos erzählt Aichner von einer Frau, die selber nicht ahnt, wozu sie fähig ist.

Yoko ist wie du und ich. Bis das Glück sie verlässt.

Yoko ist Ende zwanzig, als sie die Metzgerei, die sie von ihrem Vater geerbt hat, in eine kleine Manufaktur umwandelt. Mit Hingabe verpackt sie fortan das Glück in Kekse, anstatt Schweinehälften zu zerlegen. Sie ist verliebt, ihr Leben ist erfüllt von Leichtigkeit, doch von einem Moment zum anderen zerbricht alles.

Yoko liefert eine Kiste Glückskekse an ein chinesisches Restaurant aus, und als sie versucht, einem kleinen Hund im Hinterhof zu helfen, wird sie für ihre Courage von dessen Peinigern bestraft. Der Hund stirbt. Und Yokos Albtraum beginnt.

Noch ahnt sie nicht, mit wem sie es zu tun hat. Wie viel Leid über sie hereinbrechen und mit welch ungeahnter Härte sie sich dafür rächen wird. Ihr wird alles genommen, was ihr lieb ist. Und deshalb schlägt Yoko zurück. Erbarmungslos.


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Bernhard Aichner

Bernhard Aichner

Bernhard Aichner, geboren 1972, lebt in Innsbruck und im Südburgenland. Nach seinem Germanistikstudium arbeitete er als Fotojournalist und anschließend vierzehn Jahre lang als Werbefotograf. Er schrieb mehrere Hörspiele und Romane, bis er 2014 mit seinem Thriller «Totenfrau» den internationalen Durchbruch als Autor feierte. Seine Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt, die «Totenfrau»-Trilogie von Netflix und dem ORF verfilmt. Die zweite Staffel kommt Ende 2024.
Mit einer Million verkauften Exemplaren zählt Aichner zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Thrillerautoren. Er hat zahlreiche Preise und Stipendien erhalten, darunter das Österreichische Staatsstipendium für Literatur, den Burgdorfer Krimipreis, den Crime Cologne Award, den Friedrich-Glauser-Preis, zuletzt den Fine Crime Award 2023 und das Wiesbadener Krimistipendium 2024.  Die «Times» beschreibt seine Arbeit als «originell, kraftvoll und fesselnd».
Neben seinen Romanen verfasst Aichner Theaterstücke, ist Veranstalter von Österreichs größtem Krimifestival und ist auch als bildender Künstler erfolgreich.