Liebe Frau Thiele, seit 17 Jahren führen Sie zusammen mit ihrem Mann den Thiele Verlag, einen kleinen unabhängigen Verlag, der wunderschöne Bücher macht. Und seit genau so vielen Jahren gibt es den geheimnisvollen Autor Nicolas Barreau. Zufall?
Zufall und Schicksal zugleich würde ich sagen. Als mein Mann und ich damals den Thiele Verlag gründeten, sind wir voller Enthusiasmus und – wie ich heute sagen würde – glücklicherweise auch mit einer großen Portion Optimismus in unsere Welt aus schönen Büchern gestartet.
Wann haben Sie das erste Mal darüber nachgedacht als Autorin etwas beisteuern?Ich hätte damals liebend gern einen Bestseller à la Peter Mayle gekauft, oder einen witzigen Paris-Roman, wie sie Stephen Clarke schrieb, aber dafür war kein Geld da und die Zeit drängte. Schon meine Oma wusste, dass Not erfinderisch macht, und die hatte zwei Weltkriege überlebt. Also haben wir uns bei einem Glas Wein zusammengesetzt und überlegt. Ich hatte früher bereits als Journalistin gearbeitet und als Lektorin viele Autoren auf den Weg gebracht. Ich liebe Geschichten. Schon als kleines Mädchen habe ich mir Geschichten ausgedacht, die ich in unserem Garten in eine alte Schreibmaschine hämmerte und mir dabei sehr bedeutsam vorkam. »Warum schreibst du den Roman eigentlich nicht selbst?«, hat mein Mann gefragt. »So eine charmante Paris-Komödie, das kriegst du doch auch hin.« Und er hatte Recht. Wie fast immer. Mit »Die Frau meines Lebens« schrieb ich meinen ersten Roman. Und damit fing alles an.
Warum haben Sie das Buch nicht unter ihrem eigenen Namen veröffentlicht?
Ach, ich glaube, ich war da etwas scheu. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin eigentlich keine schüchterne Person. Aber wenn man einen Verlag gründet, will man nicht auch noch seine Bücher selbst schreiben. Das kam mir damals nicht professionell genug vor. Außerdem war der Umgang mit Pseudonymen zu dieser Zeit nicht so selbstverständlich wie heute.
Und dann haben Sie Nicolas Barreau aus der Taufe gehoben.
Genau. Und das war der beste Einfall unseres Lebens. Schon die ersten beiden Bücher verkauften sich recht ordentlich. Aber mit dem dritten Barreau, der eigentlich der letzte sein sollte, weil es ständig Nachfragen zu dem Autor gab, landeten wir einen Scoop. Das Buch war nicht nur Jahresbestseller in Deutschland, sondern es wurde in 36 Ländern verlegt. Es war gigantisch. Und es hat unseren kleinen Verlag gerettet. Damals hatten wir gerade eine kritische Situation, und ich weiß noch, wie ich zu meinem Mann sagte »Ich wünsche mir, dass endlich mal was Schönes passiert«. Und dann passierte es tatsächlich. »Das Lächeln der Frauen« sprang auf die Bestsellerliste. Es war wie ein kleines Wunder. Ein Glücksfall.