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Nicht ohne meine Töchter

Augen auf und hingehört! Wie philosophisch, schön, schräg und schreiend komisch das Leben mit Kindern sein kann, weiß der Journalist Tillmann Prüfer und erzählt davon in seinem neuen Buch «‹Kriegt das Papa, oder kann das weg?› Ein Vater und vier Töchter».

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© Fabio Consoli / kombinatrotweiss

Sein Leben ist ein Kung-Fu-Film voller Kindertritte, eine schwarz-grüne Familienkoalition, ein ohrenbetäubender Lina-Larissa-Strahl-Song in Endlosschleife, eine anarchistisch anmutende Interpretation von Carl Spitzwegs familienidyllischem Gemälde «Sonntagsspaziergang». Wie vielfältig wild, schön und wundersam der Alltag mit vier Töchtern sein kann, schildert der Journalist und Autor Tillmann Prüfer in seinem neuen Buch «‹Kriegt das Papa, oder kann das weg?› Ein Vater und vier Töchter», das von seiner wöchentlichen Kolumne «Prüfers Töchter» im Zeit-Magazin inspiriert ist.

Der 45-Jährige freut sich über seine Töchter Luna (19), Greta (12), Lotta (14) und Juli (6). Was ihn verwundert sind die oft mitleidigen Kommentare anderer: «Würde ich erzählen, dass ich mir vier Gorillas in der Wohnung halte, könnte ich die Reaktion verstehen. Aber vier Töchter? Die machen weniger Stress als Gorillas. Meistens jedenfalls.»

In seiner Rolle als Vater ist Prüfer vor allem wichtig, die eigene Fehlerhaftigkeit zu akzeptieren. «Ich möchte meinen Töchtern nicht das Bild des perfekten Papas vermitteln. Vielmehr will ich ihnen zeigen, dass es okay ist, Fehler zu machen, dass Sachen schiefgehen und auch wieder gut werden können.» Eine Einstellung, die sich auch in Prüfers authentischer und oft selbstironischer Erzählweise ausdrückt.

Fünf Einblicke in ein Leben mit vier Töchtern:

1 | Ehrenmitglied im FC Matriarchat
Tillmann Prüfer lebt in der Zukunft. In seiner Welt ist das Patriarchat bereits untergegangen. Allein unter fünf Frauen gelten ansozialisierte «männliche Selbstverständlichkeiten» nicht mehr. Und auch nicht selbstverständlich zementierte Glaubenssätze wie etwa: «Kindererziehung ist Frauensache, Männer sind diejenigen, die das Geld nach Hause bringen und Dinge mit scharfen Klingen bearbeiten, Männer sind die, die wenig reden.» Prüfer sagt: «Mein Schweizer Taschenmesser ist eigentlich das einzige Männlichkeitsreservat, das mir geblieben ist, und selbst das ist nicht so gefragt.» Er ist umgeben von Mädchenspielzeug, löst Mädchenprobleme, macht Mädchensachen. Prüfer: «Wenn man unter Frauen lebt, muss man ständig reden. Über alles. Ich bin quasi glühender Feminist und ein großer Fan des Matriarchats – denn das ist die Welt, in der ich sowieso schon lebe.»


2 | Explodieren wie Donald Duck
Das Dasein als Vater kann gefährlich sein, besonders wenn man morgens noch halbblind durch die Küche irrt: «Ein Klassiker ist die offen gelassene Spülmaschinentür. Man kommt in die Küche, und rumms, Vater knallt mit dem Schienbein dagegen. Wenn das einmal passiert, okay. Passiert es ein zweites und ein drittes Mal, rege ich mich auf», erzählt Prüfer.
Wenn es gut läuft, gelingt es ihm, sich selbst zu überlisten, und er regt sich demonstrativ auf, bevor er sich wirklich aufregt. Das bedeutet: schnell laut werden und etwas Humor in den Wutausbruch legen. «Das befreit, man sagt nichts Verletzendes, und alle wissen, dass es danach wieder gut ist», sagt Prüfer. «Wenn es nicht so gut läuft, rege ich mich auf und verhalte mich wie eine ungelenkte Rakete.» Seine Tochter Lotta erinnert er in solchen Momenten an einen explodierenden Donald Duck. «Als Vater oder Mutter ist man ja ohnehin eine ganz lustige Figur, weil man versucht, als ganz und gar unperfekter Mensch in einer unperfekten Welt etwas Perfektes darzustellen. Die allermeisten Kinder sind nicht doof und merken, dass etwas an der Story nicht stimmen kann. Das ist ein Misstrauen, das man seinen Kindern ersparen kann», findet Prüfer. Nämlich indem man gar nicht erst versucht, Unfehlbarkeit zu inszenieren.


3 | Kinder sind kein Kochrezept
Vater sein bedeutet für Tillmann Prüfer auch, loszulassen und Kontrollverlust zu akzeptieren. Er sagt: «Kinder sind kein Kochrezept. Hier eine Spur Lebensmut, da eine Spur Motivation und ganz, ganz viel üben, dann wird dein Kind Harvard-Absolvent. Es ist eher so, wie es im Leben sonst auch abläuft: Man muss ganz viel reingeben und hat relativ wenig Kontrolle, was daraus wird. Am Ende ist das Ergebnis anders als gedacht, aber es ist trotzdem irgendwie toll.» Prüfer plädiert dafür, sich selbst als Erziehungsfaktor nicht zu überschätzen. Was ihn an Erziehungsratgebern oft ratlos macht: «Sie weisen Eltern eine Rolle zu, als stünden sie auf einem Podest und würden das Leben ihres Kindes entwerfen. Vieles bringen sich Kinder aber selbst bei. Wie man Freunde gewinnt, Konflikte löst, was einem Spaß macht – all das müssen Eltern Kindern nicht erst sagen.»


4 | Raus aus der Erwachsenen-Bubble
«Als erwachsener Mensch geht man durch die Welt und hat scheinbar auf alles eine Antwort. Plötzlich überrascht einen nichts mehr, plötzlich hat man schon alles gesehen, plötzlich weiß man alles. Ein gefährlicher Zustand, denn man ist ja nicht schlauer geworden, man fragt bloß nicht mehr», sagt Prüfer. Wer Kinder hat, wird ständig hinterfragt. Zum Beispiel wenn man den Obdachlosen, der in der U-Bahn um Geld bittet, einfach ignoriert. «All die Dinge, die man in seinem täglichen Habitus als Erwachsener einfach so macht, werden von Kindern in Frage gestellt», so Prüfer. Für ihn ist das Leben mit vier Töchtern eine Möglichkeit, die Welt aus anderen Ecken zu sehen. «Ich habe den Vorteil, dass ich immer in vier Kinos gleichzeitig bin. Mit jedem Kind entdecke ich eine neue Persönlichkeit, die in einer anderen Zeit groß wird, mit anderen Werten.»


5 | Nehmt eure Kinder ernst!
Mit seiner ältesten Tochter Luna diskutiert Tillmann Prüfer über das Weltklima. Genau wie sie gehen auch Lotta und Greta, die seit kurzem Vegetarierin ist, zu Klimademos, die während der Schulzeit stattfinden. Tillmann Prüfer findet: «Man muss anerkennen, dass auch Kinder selbständig politische Entscheidungen treffen und sich ihre Meinung bilden. Kinder finden es nicht schlimm, wenn man etwas anders bewertet. Sie finden es schlimm, wenn man sie nicht ernst nimmt.» Prüfer sagt, es sei für ihn befremdlich, wenn Eltern die politischen Äußerungen ihrer Kinder twittern oder Bilder von Klimaprotestplakaten posten: «Im Grunde sagen diese Eltern vor allem: ‹Schaut mal, ich habe alles richtig gemacht und einen kritischen Bürger hervorgebracht.› Sie machen sich das Engagement ihrer Kinder zu eigen und vergessen, dass sie selbst auch Teil der Generation sind, gegen die ihre Kinder demonstrieren.» Eltern sollten ihre Kinder nicht bloß als Retter der Welt stilisieren, sondern nicht vergessen, dass ihre Kinder sie im Umgang mit all diesen Themen auch als Ansprechpartner brauchen. Prüfer: «Eltern müssen mit ihren Kindern reden, ihnen die Angst nehmen und sie vor allem ernst nehmen. Das ist auch der Subtext dieses Buches: Nehmt eure Kinder ernst! Nehmt ernst, wie sie Gefühle äußern, nehmt ernst, wie sie euch sehen, und seht die Welt auch mal durch die Brille eurer Kinder.»

Kriegt das Papa, oder kann das weg?

Entstanden aus der beliebten ZEIT-Magazin-Kolumne «Prüfers Töchter»: die wunderbar amüsante Geschichte eines gutmütigen, hemmungslos überforderten Vaters von vier Töchtern – witzig, nachdenklich, lebensklug.

Und wie ist es so mit vier Töchtern? Neben der Tatsache, dass man beim Essen die Reste von allen kriegt, ist das Leben als vierfacher Vater vor allem – laut. Sehr laut. Ein bisschen so, als wären da vier Wahnsinnige, die nichts anderes tun, als wahnsinnig zu sein. Oder vier potenzielle «The Voice»-Kandidatinnen, die pausenlos ihre Songs üben. Und alle immer gleichzeitig.

Kein schriller Schrei, den ich nicht gehört hätte. Keine Popschnulze, die mich nicht bis in die letzten Winkel unserer Wohnung verfolgt hätte. Keine Träne, die ich nicht weggewischt hätte. Und kein Tag, der durch das alles nicht viel, viel besser geworden wäre.

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Worum geht es?
In kurzweiligen Episoden gewährt Tillmann Prüfer einen liebenswert authentischen Einblick in sein Leben mit vier Töchtern. Ein wortgewandtes, sehr witziges Buch über Eltern, Kinder und die Welt an sich. Immer mit dem Subtext: Nehmt eure Kinder ernst!


Warum ist es so lesenswert?
Tillmann Prüfer zeigt sich als charmant-lakonischer Berichterstatter und als wortwitziger Chronist seines Familienalltags. «Kriegt das Papa, oder kann das weg?» ist nicht nur ein Buch für Menschen mit Kindern. Vielmehr gelingt es Prüfer, viel Wahres über das Erwachsenwerden und Menschsein zu teilen. Leise Rührung und laute Lacher inbegriffen.