Der Rowohlt Verlag trauert um Alfred Grosser. Der Historiker und Politologe war über Jahrzehnte ein Pionier der deutsch-französischen Verständigung. Mit seiner jüdischen Familie hatte er als Achtjähriger Ende 1933 vor den Nazis ins Exil nach Frankreich fliehen müssen. Nach dem Krieg setzte er sich unermüdlich für die Aussöhnung der Nachbarländer ein. 1975 wurde er mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet für seine Rolle als «Mittler zwischen Franzosen und Deutschen, Ungläubigen und Gläubigen, Europäern und Menschen anderer Kontinente», so die Laudatio. Er bekannte sich zu seiner jüdischen Herkunft, bezeichnete sich selbst aber als einen «Atheisten, der dem Christentum nahesteht».
Seine späten Bücher «Von Auschwitz nach Jerusalem» (2009) und «Die Freude und der Tod» (2011) erschienen bei Rowohlt und waren eine Art Lebensbilanz. Auf der Buchmesse in seiner Heimatstadt Frankfurt war er regelmäßig zu Gast und freute sich besonders, wenn er «seiner» Oberbürgermeisterin Petra Roth begegnete. Grosser war auch ein Meister der Rhetorik, der seine Reden stets mit einigen wenigen Stichwortzetteln bestritt, weil er sein Publikum so besser zu gewinnen wusste. Mit großem Engagement wandte er sich den nachfolgenden Generationen zu, damit diese die richtigen Lehren aus der Vergangenheit ziehen konnten.
Im persönlichen Umgang war der streitbare Gelehrte ein Inbegriff von Empathie und Freundlichkeit. Das verschmitzte Lächeln, mit dem er seine manchmal unbequemen Ansichten vertrat, wird uns fehlen.
Wir trauern um einen großen Autor.