Letzte Einkehr
Tagebücher 2001 - 2009 (mit einem Prosafragment)
Handelte es sich bei Imre Kertész’ berühmtem «Galeerentagebuch» um eine bewußte Komposition seiner jahrzehntelangen Aufzeichnungen, bilden die Tagebücher 2001–2009 ein unbearbeitetes, ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit gedachtes «journal intime» von überraschender, oft verstörender Offenheit. Es umfaßt die Jahre seiner «äußeren» Emigration – die Loslösung von Ungarn, dessen postsozialistische Entwicklung ihn immer stärker an präfaschistische Zeiten erinnert, und die Niederlassung in der Wahlheimat Berlin, wo ihn 2002 die «Glückskatastrophe» des Nobelpreises ereilt.
Zwar weiß er das damit verbundene «rare Geschenk guten Lebens» durchaus zu genießen, doch die Klage über die Anforderungen des Ruhms grundiert von nun an die Aufzeichnungen, verbindet sich mit der Klage über den «Terror des Alters» und das Nachlassen der Schaffenskraft. «Trivialitäten-Tagebuch» nennt er das Diarium schließlich. Von der gewohnten Schärfe seiner zeitdiagnostischen und ästhetischen Reflexionen, der Prägnanz der Momentaufnahmen verliert es freilich nichts.
Leitmotiv bleibt das Schreiben, das Ringen um die Gestaltung der in diesen Jahren entstehenden Prosawerke «Liquidation» und «Dossier K.» sowie des geplanten Sonderberg-Romans. Schreiben ist für Kertész die Legitimation seines Lebens. Als Krankheit und Schmerzen dominieren, macht er sich mit unerhörter Kühnheit zum Chronisten des eigenen Verfalls «im Vorzimmer des Todes».
- Verlag: Rowohlt E-Book
- Erscheinungstermin: 20.09.2013
- Lieferstatus: Verfügbar
- 320 Seiten
- ISBN: 978-3-644-03391-7
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«Letzte Einkehr» ist das Echolot, das ein großer Schriftsteller in die eigenen Abgründe gerichtet hat, groß in seiner Wahrhaftigkeit, verstörend in seiner Zerrissenheit.
Eine Wucht von Buch. Ein großes Testament zu Lebzeiten.
Die Quintessenz eines unbestechlichen Bewusstseins.
Die späten Gedanken eines großen Meisters, unglaublich ehrlich, uneitel, unsentimental, ökonomisch. Ein kathartisches Erlebnis.
Und nun liegt das Vermächtnis doch vor – in einer Kühnheit und Ungeschminktheit, dass einem der Atem stockt. … eine Kraterlandschaft der Seele, deren Zerklüftung noch nie offen sichtbar geworden ist. Ein unbedingter innerer Wahrheitsanspruch ist hier am Werk … Große Kunst entwachse der Scham und der Angst, schreibt Imre Kertész an einer Stelle. Nicht anderes war ihm Auschwitz. Im 'Vorzimmer des Todes' ist es bei allem Scheitern diese Verwandlung, deren Zeugen wir noch einmal werden dürfen.
Wer in das Kertész-Geflecht eintreten will, der greife zu dieser großen Doppelgänger-Geschichte.
So nah kam man Imre Kertész noch nie. … 'Letzte Einkehr' ist ein bewegendes Buch des Abschieds: ein Freitod im Ästhetischen, begangen von einem freien Menschen.
Ein leichthändig geschriebenes schwergewichtiges Dokument.
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