Vierzig Leben
Dieses Buch handelt vom Glück. Von der Freiheit. Von der Würde. Und siebenunddreißig weiteren Königswörtern, bekannt aus Andacht und Werbung, die Navid Kermani literaturhistorisch schüttelt, philosophisch zersägt und eiskalt gegen die Wand schmeißt – um am Ende jene Winzigkeit wundervoll poetisch ausgekratzt zu haben, die an ihnen noch sagbar ist, ohne zu relativieren. In vierzig Leben, vierzig Heiligenviten aus Köln-Eigelstein und Umgebung gelingt ihm nichts Geringeres als ein Katechismus unserer Zeit. Ein beglückend trauriges, todwitziges Buch zum Besinnen, Predigen und Wieder- und Wiederlesen.
- Verlag: Rowohlt Taschenbuch
- Erscheinungstermin: 26.06.2018
- Lieferstatus: Verfügbar
- 144 Seiten
- ISBN: 978-3-499-27313-1
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Der Spötter verbindet sich mit dem Schwärmer bei Kermani. Sein kluges und anmutiges Buch verdichtet sich zu einer Lebenslehre, die den Schmerz nicht betäuben will, die das Glück als Zwilling der Verzweiflung sieht.
Kermani formuliert seine kleinen Geheimlehren des Lebens mit viel Sorgfalt und Genauigkeit. Wie sein Kneipenerzähler bemüht er sich um das Schwierigste, dem, was der Fall ist, gerecht zu werden. Das heißt hier: ihn interessiert die Existenz durchschnittlicher Individuen, die er wie einer jener klassischen Moralisten verfolgt, die nichts ändern, die die Wahrheit anderer Leben nur erkunden wollen. Eine Stärke dieses Buches ist, dass Kermani seinen entschiedenen Anspruch so vollkommen unprätentiös einlöst.
Kermani schreibt virtuos, dabei immer präzise und logisch, manchmal sogar derart, dass einem schwindelig wird. Doch meist dürfte baffes Staunen und ein vergnügliches Lächeln auf dem Gesicht des Lesers zu sehen sein, denn viele der Vierzig Leben stecken, bei aller Würde und Ernsthaftigkeit, die der Autor ihnen verleiht, voller Überraschung und Komik.
Manchmal liest sich das fast wie eine Kleistsche Novelle. Menschliches, in höchste Vokabeln getrimmt. Das spricht mit Humor von der Basis. Das liest man richtig gern.
Verschlungene Lebensgeschichten, knappe Anekdoten, nicht immer nüchterne Ansichten und versponnene Ausblicke von Menschen aus vielen Kulturen, für die der Eigelstein zum Lebensmittelpunkt geworden ist, hat der Autor beobachtet. In gedankenwirbelndem Fluss, der die Erzählfreude aus Tausendundeiner Nacht und Thomas Mannsche Sprachbegeisterung vereint, huldigt der in Siegen geborene Sohn einer iranischen Auswandererfamilie den Traditionen beider Kulturen.
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