Wollten Sie schon immer mal nachsehen, warum die Dinosaurier ausgestorben sind – und dabei möglichst selbst am Leben bleiben? Von England nach Dänemark laufen, ohne nasse Füße zu bekommen? Johann Sebastian Bach beim Komponieren über die Schulter schauen? Dabei sein, wenn Stonehenge erbaut wird? Mit diesem Reiseführer kann nichts mehr schiefgehen: Kathrin Passig und Aleks Scholz vermitteln alles, was Zeitreisende wissen müssen. Die schönsten Zielorte, die besten Reisezeiten, nützliches Wissen über Parallelwelten, Umgangsformen für jede Epoche, außerdem jede Menge praktische Tipps für mehrere Weltteile und das gesamte All. Schon jetzt der nützlichste Reiseführer aller Zeiten!
Willkommen in der goldenen Ära des Zeitreisens!
Reisewarnung wegen Corona? Im Gegenteil: mit Kathrin Passig und Aleks Scholz unterwegs durch Zeit und Raum
Das Interview
Der erste Satz des Handbuchs wartet mit einer kräftigen Behauptung auf: «Die goldene Ära des Zeitreisens ist angebrochen. Zeitreisen sind heute sicherer, komfortabler und erschwinglicher denn je.» Was macht diese Zeitreisen-Ära so golden?
Natürlich die Existenz eines vernünftigen Zeitreiseführers. Aber Spaß beiseite, irgendwie muss so ein Buch ja anfangen.
Man kann Ihr Buch nicht lesen, ohne auf zentrale Topics der Corona-Pandemie zu stoßen: Infektionsrisiko, Hygiene, Abstandhalten, Reisewarnung, Sterberate. Im «Handbuch für Zeitreisende» werden wir daran erinnert, dass es in der Menschheitsgeschichte immer wieder katastrophale Seuchen gab. Wie sollte man sich ihnen nähern, falls man das als zeitreisender Katastrophentourist unbedingt möchte – 1,5 Meter Mindestabstand reichen da wohl nicht?
Das wird in der aktuellen Diskussion zu wenig erwähnt: Zeitlicher Abstand zu einer Seuche ist sogar noch sicherer als räumlicher. Unsere erste Empfehlung wäre daher, den Epidemien der Vergangenheit zeitlich fernzubleiben. Zum Beispiel, indem man in eine Zeit verreist, in der Menschen noch nicht existieren, oder eine, in der diese Menschen weit verteilt sind und auf Ackerbau und Viehzucht verzichten. Alles, was länger als etwa 10000 Jahre zurückliegt, ist in dieser Hinsicht relativ sicher. Falls es unbedingt eine jüngere Vergangenheit sein muss, gilt im Grunde dasselbe wie in der Gegenwart: Trinkwasser abkochen oder mit Tabletten behandeln (Flaschenwasser ist in der Vergangenheit keine Option), alle Lebensmittel kochen oder schälen, möglichst keine Körperflüssigkeiten mit Einheimischen austauschen, Hände häufig und gründlich waschen, Mückenschutz verwenden, alle empfohlenen Impfungen mitbringen. Achtung: Sie brauchen unbedingt zeitspezifische Impfungen. Krankheitserreger verändern sich im Laufe der Zeit, und Impfungen gegen eine moderne Version einer Krankheit nutzen in der Vergangenheit wenig. Lassen Sie sich in einem zeitreisemedizinischen Zentrum beraten.
Verbessernd in den Weltenlauf einzugreifen (bei Meteoriteneinschlägen, Vulkanausbrüchen, Kriegen) – das könnte ein zentrales Motiv für potenzielle Zeitreisende sein. Sie haben das an einem speziellen Beispiel durchdekliniert: den Umgang mit einem Massenmörder wie Adolf Hitler …
Wir raten dringend davon ab, Baby-Hitler umzubringen, um so vielleicht den Gang der Geschichte zu verbessern. Man kann sich nie sicher sein, ob diese Tat den gewünschten Effekt hat, vielleicht passiert noch etwas Schlimmeres als der Zweite Weltkrieg. Und am Ende ist man so oder so jemand, der ein unschuldiges Kind umgebracht hat. Stattdessen empfehlen wir, dem jungen erfolglosen Maler Hitler ein paar Bilder abzukaufen und ihn dadurch vielleicht auf andere Gedanken zu bringen. Garantien zur Weltbesserung gibt es auch hier keine, aber wenigstens richtet man keinen Schaden an. Außer vielleicht in der Kunstgeschichte.
Statt üppiger weltverbessernder Missionen raten Sie eher zu kleinen Korrekturen am Gang der Dinge. Sie erwähnen das Beispiel Fahrrad. Müsste – Stichwort: regionale Mobilität – die Bibel nicht umgeschrieben werden, wenn die Erfindung des Fahrrads in die Wirkungszeit Jesu verlegt würde?
Klar, aber es wäre kein Umschreiben, weil es die entsprechenden Abschnitte der Bibel zu diesem Zeitpunkt noch nicht gibt. Ob ein Fahrrad jetzt im Einklang mit den Prophezeiungen steht, die noch weiter aus der Vergangenheit kommen, sollen andere herausfinden. Eventuell muss man mit Hilfe einer Zeitmaschine korrigieren.
Einer der für mich verblüffendsten Vorschläge ist der, eine Exkursion in die DDR zu unternehmen, den «verschluckten Staat». Was spricht für eine Zeitreise in die DDR?
Es ist eine interessante Welt, die für viele völlig unbekannt ist, und doch liegt sie auf der Zeitachse gleich nebenan. Viele Probleme, die man bei Zeitreisen normalerweise hat, entfallen hier ganz praktisch, zum Beispiel die Sprachbarriere. Es handelt sich bei den Zeitreisen um einen recht einfach zu organisierenden Urlaub, der aber trotzdem ungemein lehrreich ist.
Island steht als Ziel einer Zeitreise bei Ihnen hoch im Kurs (speziell empfohlen für heillos romantische Mittelalter-Freaks) – weshalb?
Island hat viele Vorteile: Baden und Wäschewaschen in warmem Wasser sind wegen der heißen Quellen einfacher und billiger als in vielen anderen mittelalterlichen Gegenden. Wer modernes Isländisch versteht, wird im isländischen Mittelalter gut klarkommen, die Sprache hat sich kaum verändert. In den meisten anderen europäischen Gegenden ist das nicht so, und anders als in der Gegenwart kann man auch nicht einfach auf Englisch zurückgreifen (nicht mal in England). Außerdem ist das isländische Mittelalter ein sehr frauenfreundliches Reiseziel. Frauen sind dort weitgehend normale Menschen, ähnlich wie in der DDR.
Ob Mayas, Inkas, Azteken oder das wilde Pleistozän: Könnte es sein, dass mit das Schönste am Schreiben des «Handbuchs für Zeitreisende» für Sie das Austüfteln der jeweiligen Ratschläge war, was Dinge wie Sprache, Identität, Anreise, Ernährung, Krankheitsprophylaxe, Zahlungsmittel etc. angeht?
Das Schönste am Verreisen ist ja bekanntlich immer die Planung, vor allem in Zeiten wie diesen, in denen man gar nicht verreisen kann. In manchen Fällen haben wir uns bei der Reiseplanung kompetente Hilfe geholt. Mit am schönsten war es, stundenlang mit Historikern oder Archäologinnen herumzusitzen und sie auszufragen, wie man bei den Maya oder im barocken Europa zurechtkommt.
Wenn man nach 326 aufregenden Seiten Zeitreisen zu den ersten Zeilen des Nachworts kommt, liest man da: «Die Wahrheit ist: … Es ist derzeit leider unmöglich, in die Vergangenheit zu reisen.» Gibt es Hoffnung, dass sich das einmal ändert? Anders gefragt: Wie ernsthaft haben sich Wissenschaftler wie etwa Stephen Hawking wirklich mit der Möglichkeit von Zeitreisen auseinandergesetzt?
Sie hätten jetzt sicher gern, dass wir behaupten, es gibt in Amerika ein geheimes Geheimlabor, in dem schon lange mit Zeitmaschinen hantiert wird, und deshalb wird es schon bald keinen Zweiten Weltkrieg mehr geben. In Wahrheit gibt es die Möglichkeit des Verreisens in die Vergangenheit bisher nur in der Theorie. Zumindest theoretisch haben sich die Experten damit schon sehr ernsthaft auseinandergesetzt, aber es ist weiterhin unklar, ob es überhaupt geht, und wenn ja, wie.
Wir können Sie nicht entlassen, ohne Ihnen Ihre absolute Lieblingsdestination als potenzielle Zeitreisende zu entlocken: wohin, wann, warum …
Kathrin Passig: Ich würde natürlich gern in den Herbst 2019 zurückreisen, um Fehler in der gedruckten Ausgabe zu korrigieren. Also, nach einer kurzen Zeitreise in die nähere Zukunft, sagen wir Anfang 2021, um aus ungehaltenen Nachrichten von Geschichtsfachleuten von denjenigen Fehlern zu erfahren, die ich nicht schon selbst bemerkt habe. Die Version des Buchs in unserer Zeit würde dadurch leider nicht besser, aber zumindest in der Zukunft meiner bereisten Vergangenheit wäre das Buch richtiger. Und zwar schon jetzt!
Aleks Scholz: Ich würde mir gern die Entstehung des Sonnensystems vor viereinhalb Milliarden Jahren ansehen und habe das auch ins Buch geschrieben. Es erfordert etwas mehr Aufwand als die Reise in die DDR, man braucht schließlich eine Zeitmaschine und zusätzlich ein Raumschiff, aber dafür bringt man Fotos zurück, auf denen nicht nur die Altstadt von Halle ist, sondern eventuell sogar eine riesige Gaswolke. Oder nichts!
Zum Schluss etwas ganz anderes: Ich möchte das Ende der Corona-Tristesse, wann immer es so weit ist, mit Freunden im Restaurant am Ende des Universums feiern. Was sollte ich dabei beachten?
Nicht die Kuh bestellen!
Handbuch für Zeitreisende
Wollten Sie schon immer mal nachsehen, warum die Dinosaurier ausgestorben sind – und dabei möglichst selbst am Leben bleiben? Von England nach Dänemark laufen, ohne nasse Füße zu bekommen? Miterleben, wie Stonehenge erbaut wird? – Mit diesem Reiseführer kann nichts mehr schiefgehen: Kathrin Passig und Aleks Scholz vermitteln alles, was Zeitreisende wissen müssen. Was Sie bei den Volksfesten der Maya erwartet, wogegen Sie sich vor der Reise in die Renaissance impfen lassen und welche Kleidung Sie für die Weichsel-Eiszeit einpacken sollten, all das erklärt Ihnen dieses Handbuch. Mehr noch: Es verrät Ihnen die schönsten Zielorte und -zeiten, nützliches Wissen über Parallelwelten und ihre Besonderheiten, Umgangsformen für jede Epoche, praktische Tipps für mehrere Weltteile und das gesamte All. Und wenn Sie im Urlaub nicht nur an den Traumstränden der Vergangenheit herumliegen, sondern die Welt verbessern möchten, erfahren Sie hier, was dafür zu tun wäre. Schon jetzt der nützlichste Reiseführer aller Zeiten!