100. Geburtstag, 50. Todestag, Gedenkjahr, Literaturnobelpreise – Feste soll man feiern, wie sie fallen. 2008 durfte sich eine der traditionsreichsten Reihen auf dem deutschen Taschenbuchmarkt selbst feiern lassen: die rowohlts monographien, kurz «Monos» genannt, feiern ihren 50. Geburtstag. «Rowohlts Monographien sind ein Muster an Demokratisierung des Wissens, preiswerter als eine ordentliche Pizza oder eine Kinokarte.» Diese freundlichen Worte verdankt die Reihe der Süddeutschen Zeitung, die kurz vor dem 40. Dienstjubiläum der «Monos» Wirken und Wollen des ambitionierten verlegerischen Projekts bilanzierte. Andernorts war vom «wohl erfolgreichsten, sicher aber erfreulichsten Einfall der deutschen Taschenbuchgeschichte» die Rede. rororo monographien: eine Erfolgsgeschichte.
Enzyklopädie der großen Geister
Allein die Zahlen! Die für alle erschienenen deutschsprachigen Bände (rund 20 Millionen!) verarbeitete Papierbahn hat eine Länge von 38.000 Kilometer: beinahe erdumspannend. Das Gewicht des verarbeiteten Papiers würde einen Güterzug mit 161 Waggons füllen; hochgestapelt würden die Monos stolze 144 Kilometer reichen, sechzehnmal so hoch wie der Mount Everest. Pardon, das sind die Zahlen des Jahres 1998. Eigentlich wollten zum 50. Jubiläum von rowohlts monographien die auf Punkt und Komma aktualisierte Zahlen nachliefern – ein paar Tonnen und Kilometer dürften seitdem noch hinzugekommen sein –, aber noch rechnen wir …
Rowohlt-Lektor Kurt Kusenberg hatte die zündende Idee. Im März 1958 erschienen die ersten vier Monographien: Kleist, Shakespeare, Hamsun, Saint-Exupéry. Stand bei den ersten Bänden noch die erfolgreiche Buchserie Écrivains de toujours der Editions du Seuil Pate, emanzipierte Kusenberg sich rasch vom französischen Vorbild. Seither hat sich am Aufbau der Monos fast nichts geändert: Lebensbeschreibung, Zeittafel, Zeugnisse, Werkverzeichnis, Bibliographie, Illustrationen. Seit 1999 erscheint die Reihe in neuem Design und vierfarbig. Mittlerweile wurden, betreut von Kurt Kusenberg, Klaus Schröter und – seit 1989 – von Wolfgang Müller und Uwe Naumann über 650 Bände publiziert. Mit einer deutschen Gesamtauflage von 450.000 verkauften Exemplaren liegt die Brecht-Mono nach wie vor an der Spitze.
Wer große Geister ins Licht der Öffentlichkeit bringt, bekommt garantiert einiges an Post, viel Lob, manchen Tadel. Im Dezember 1981 beklagte sich ein Leser aus Ohlsdorf in Österreich bitterlich über einen unverzeihlichen Fehler in Faulkner-Monographie, «der nur einer von Hunderten von Fehlern ist, die Ihre Monographien, solange ich denken kann, würzen.» Am Ende der Auspeitschung findet sich der beinahe heiter-versöhnliche Satz: «Aber vielleicht sollte ich Ihnen für die vielen Wutausbrüche, die mir die vielen Fehler gerade in Ihren Monographien gegen die manchmal unerträgliche Ruhe in meinem Hause ermöglicht haben, danken!» (Seit 1993 ist der geniale Dramatiker übrigens selbst Gegenstand einer eigenen Monographie.)
rowohlts monographien sind «so recht eine Lektüre für Neugierige. Mögen sie blutjung sein und total unbelastet. Oder, wie ich, sehr alt und verärgert durch die Überfütterung mit optischen, akustischen Medien. Gern greife ich dann diese oder jene Bildmonographie heraus. Lese mich fest. Schmökere. Sehe mich völlig unerwartet in völlig unbekannte Provinzen versetzt.» (Axel Eggebrecht)