rororo Entdeckungen

Autorinnen wurden und werden weniger rezensiert als ihre männlichen Kollegen, sie werden in Literaturgeschichten und Kanon-Aufstellungen weniger berücksichtigt und sie werden schneller ausgemustert, nicht mehr aufgelegt, von prächtigen Gesamtausgaben ganz zu schweigen. So geraten sie in Vergessenheit. Die gute Nachricht: Dadurch gibt es sehr, sehr viele Autorinnen wiederzuentdecken. Und genau das haben wir vor. In der Reihe rororo Entdeckungen erscheinen Romane bemerkenswerter, aber bereits vergessener Autorinnen aus dem zwanzigsten Jahrhundert, ausgewählt und mit Nachworten von Magda Birkmann und Nicole Seifert. Die beiden Herausgeberinnen möchten mit ihrer Auswahl auch einen Vergleich ermöglichen, wiederkehrende Themen und Motive in ganz unterschiedlichen Variationen zeigen und so auf oft übersehene Traditionslinien weiblichen Schreibens aufmerksam machen.

Ein Mädchen mit Prokura

Ein Klassiker der 1930er-Jahre-Literatur, neu entdeckt: das Schicksal einer klugen und ehrgeizigen Frau als Bankangestellte in der Weltwirtschaftskrise

Berlin, 1931. Thea Iken ist Prokuristin im Bankhaus Brüggemann Sohn. Sie ist unbedingt loyal, arbeitet viel und genießt das Vertrauen des Bankdirektors, dem sie freundschaftlich verbunden ist – für seinen jugendlichen Sohn ist sie eine Art Ersatzmutter. Den übrigen Angestellten ist sie ein Dorn im Auge oder bestenfalls ein Rätsel, denn sie gibt wenig von sich preis. Die aufkommende Bankenkrise versetzt Thea und ihre Kollegen wie den Rest der Welt in Aufruhr. Existenzen sind bedroht oder werden zerstört, die Welt wirkt ungewiss und bedrohlich. Als es in der Bank zu einem Mord kommt, gerät Thea gar in Verdacht. Sie wird verhaftet. Klar ist, sie hat etwas zu verbergen – doch ist es wirklich ihre Schuld?

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Freundliche junge Damen

Ein Hausboot auf der Themse in den schillernden Dreißigerjahren. Dort geht es um Freundinnen, Schwestern, die Liebe und das turbulente Leben. Unwiderstehlich unterhaltsam erzählt uns Mary Renault über Lebensentwürfe jenseits der Schubladen und Konventionen. «Freundliche junge Damen» ist ein charmanter und intelligenter Roman über Männer, Frauen und Freiheit – eine Wiederentdeckung der besonderen Art.

Elsie ist behütet und naiv – und sie ist unglücklich. Die Eltern und das düstere Dorf im Cornwall erdrücken die Siebzehnjährige regelrecht, sodass es nicht verwundert, dass sie sich in den ersten präsentablen Mann verliebt: Peter. Der Arzt aus London rät ihr, von zu Hause abzuhauen und nach London zu ihrer Schwester Leonora zu gehen. Dort staunt Elsie nicht schlecht: Leo lebt auf einem Hausboot auf der Themse und schreibt Western, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und sie teilt Boot und Bett  mit einer Frau. Als Peter auf das Boot zu Besuch kommt und seine Aufmerksamkeit von einer freundlichen jungen Dame zur nächsten schweifen lässt, hat das für alle überraschende Folgen ... 
Endlich auf Deutsch: Mary Renaults Roman ist ein moderner Klassiker und ein frühes Beispiel für Literatur mit LGBTQ-Themen. 

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Eine Tochter Harlems

Ein moderner Klassiker der amerikanischen Literatur, erstmals auf Deutsch, mit einem Vorwort von James Baldwin. 

Harlem, 1934: Die 12-jährige Francie wächst in einem rauen Umfeld auf. Ihr geliebter Vater arbeitet als «Number Runner» im illegalen Lotteriegeschäft – besser als so manch denkbare Alternative. Francie ist eine Träumerin, doch Mädchen und Frauen in ihrer Welt haben nur begrenzte Möglichkeiten und sind ständig auf der Hut: vor den Männern, die ihnen auf Hausdächern, im Park oder im Kino auflauern, dem Bäcker, der für Zimtschnecken Gefälligkeiten verlangt, dem allgegenwärtigen Rassismus. Halt findet Francie im vertrauten Netz aus Nachbarn, Familie und Freunden. Aber die Gemeinschaft hat auch ihre Schattenseiten, wie die brutalen Straßengangs, die Macht und Kontrolle verheißen und in deren Sog Francies Bruder immer mehr gerät …

«Louise Meriwether erzählt allen, die lesen können und über Empathie verfügen, was es bedeutet, in diesem Land schwarz und eine Frau zu sein.» (James Baldwin)

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Familienglück

Eine literarische Entdeckung: Familie, Liebe, die Freiheit. Kann es von einem zu viel geben? 
Das funkelnde Lesevergnügen der amerikanischen Erfolgsautorin und Foodkolumnistin Laurie Colwin erstmals auf Deutsch. 
Pollys Leben scheint in schönster Ordnung. Sie lebt in der Park Avenue mit ihrem gut aussehenden Anwaltsehemann Henry und hat zwei süße Kinder. Sie arbeitet in einem interessanten Job, der ihr Zeit lässt, sich um alle und alles zu kümmern. Nicht zuletzt darum, die Erwartungen ihrer Eltern zu erfüllen. Familie ist alles in Pollys Leben. Sie spürt jedoch die Risse in der perfekten Fassade. Der Vorzeige-Mann ist ständig abwesend, die Mutter überkritisch. Das Leben kommt ihr oft wie ein straff geschnürtes Korsett vor. Mit einer Ausnahme: Der Maler Lincoln, mit dem sie eine Affäre hat. Ihre Vorstellungen von sich und dem richtigen Leben bringt diese überraschende Liebe ganz schön durcheinander: Wie glücklich kann das Familienleben eine Frau machen? Und: Kann es überhaupt zu viel Glück geben?

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Tagebuch einer Mutter

Eine literarische Wiederentdeckung von großer erzählerischer und emotionaler Kraft, ein mitreißendes Leseerlebnis. Ein Roman über Mutterschaft, über Möglichkeiten, über Lebensentwürfe von Frauen.

Oliva Nordeck lebt nach dem Kriegstod des Mannes nahezu mittellos mit ihren vier kleinen Kindern. Jahrelang schlägt sich die Familie mehr schlecht als recht durch, bevor sie ein kleines Häuschen am Stadtrand bezieht. Hier hat Oliva alle Hände voll zu tun mit den großen und kleinen Katastrophen des Alltags – sei es dem mit Ratschlägen freigiebigen, mit Geld aber geizigen Onkel Dolf, der Tratsch liebenden, aber dabei immer treuen Haushaltshilfe Frau Korzfleisch oder der imposanten Tante Constanze, deren Besuch die Familie an nervliche und finanzielle Grenzen bringt. Ganz zu schweigen von den Eskapaden ihrer schwer zu bändigenden Kinder.
Hier und da gelingt es ihr, ein paar Minuten für sich zu stehlen, um auf ihrem geliebten Flügel zu spielen, Bücher zu lesen oder eigene Texte zu schreiben, die sie dann heimlich an Zeitungen verschickt. Auch dabei bleibt sie immer Mutter: die Frau, die die  eigene Selbstverwirklichung gegen das Glück ihrer Kinder abwägt …

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Zauberhafte Aussichten

Eine fantastische Geschichte und ein Schlüsselroman über den Ersten Weltkrieg: Stella Bensons Roman «Zauberhafte Aussichten» entführt in eine Welt, die im Schatten des Krieges liegt und in der eine junge Frau unter magischen und mysteriösen Umständen zu ihrer eigenen Identität findet.

Die junge Sarah Brown engagiert sich während des Ersten Weltkriegs für wohltätige Zwecke. Bei einer Komiteesitzung kommt es zu einer verhängnisvollen Begegnung  – mit einer Hexe. Als diese sie einlädt, in ihrem geheimnisvollen Haus, dem «Haus Alleinleben» auf einer kleinen Insel auf der Themse, unterzuschlüpfen, begibt sich Sarah mit ihrem treuen Hund David auf das Abenteuer ihres Lebens.

Neu entdeckt für deutsche Leser:innen: ein tief beeindruckendes Werk der literarischen Moderne, mit Ironie und Scharfblick erzählt.

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Das gläserne Paradies

Der 60. Geburtstag von Amelie Born, Professorengattin, ist ein Familienfest im großen Kreis. Ausgehend von der Feier im Hotel Bellevue blicken wir auf und dann immer mehr hinter die Fassade, die diese glückliche Großfamilie bemüht aufrecht hält: etwa die zwei Söhne Friedrich und Michael, der eine ein geld- und machtgieriger Kapitalist, der andere mit «unglücklicher Veranlagung zum sozialen Engagement» geschlagen und wenig vorzeigbar. Gemeinsam haben sie, dass sie ihre Familien ins Unglück stürzen und ihre Ehen vor die Wand fahren. Doch damit nicht genug: Tante Martha heißt jetzt Mater Ambrosia und trägt Nonnenhabit, kümmert sich um die Ausgestoßenen der Gesellschaft – und schmuggelt nebenbei Haschisch aus Österreich, um diese Hilfe zu finanzieren. Onkel Egon hat ein Faible für Schrumpfköpfe, das nach und nach in eine mordlustige Psychose mündet. Tante Olga deckt ihn, damit der Ruf ihrer literarischen Salons nicht leidet. Diese Familiengeschichte zeichnet mit schwarzem Humor sowie politischem und gesellschaftlichem Scharfblick ein schonungsloses, unterhaltsames und beeindruckendes Bild des westdeutschen Bürgertums und zeitloser Themen des Familienlebens. 

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Man spricht über Jacqueline

Kann und darf man sich für die Liebe verbiegen? Ein Lesevergnügen mit farbigem Zeitkolorit der Goldenen 20er-Jahre und die Wiederentdeckung einer schillernden Autorin!
Ihre Freunde nennen sie Jack. Die Männer, mit denen sie amouröse Abenteuer hat, auch. Sie ist bezaubernd und sie ist flatterhaft. Die Herzen, die sie schon gebrochen hat, kann sie kaum zählen. Jacqueline ist schlichtweg für ein freies Leben gemacht – bis sie sich zum ersten Mal ernsthaft verliebt. Michael jedoch mag die Frauen nur, wenn sie das Gegenteil von Jack sind: unschuldig und sittsam. Da sie in Paris, London, Berlin einen gewissen Ruf hat, würde Michael sich nie in sie verlieben, wenn er wüsste, wer sie ist. Jack überredet ihre schüchterne Schwester June, die Rolle von Jack anzunehmen, und gibt sich Michael gegenüber als June aus. Fortan ist sie tugendhaft. Sie kommen zusammen. Aber wer ist Jack nun? Und was geschieht, als die Schwester und Michael zusammentreffen?
Diese in vielen Genres produktive und erfolgreiche Autorin ist eine großartige Wiederentdeckung: Dieser Roman ist seit 1930 erstmals neu aufgelegt.

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Ein Nachmittag im Mai

Ein bislang noch nicht ins Deutsche übersetzter Klassiker der walisischen Literatur: Siân James führt uns in die ländlich-britische Idylle, verzaubert mit bestem englischem Humor und skizziert das sozialpolitische Klima der späten 1960er-, frühen 1970er-Jahre gekonnt.

Anna ist Mitte dreißig, verwitwet, und lebt mit ihren drei Töchtern in der walisischen countryside in einem kleinen Haus, das sie über alles liebt. Als sie sich verliebt – zum ersten Mal wirklich richtig, wie ihr klar wird –, bringt der junge Schauspieler Charlie ihr Leben nicht nur nach und nach ziemlich durcheinander. Anna beginnt auch, sich Fragen über ihr bisheriges Leben und ihre Ehe zu stellen. «Ein Nachmittag im Mai» erzählt klug und unterhaltsam davon, was es bedeutet, in den 1960er- und 1970er-Jahren Frau zu sein, alleinerziehnde Mutter noch dazu, welchen Wert weibliche Solidarität hat, wie herausfordernd es ist, Töchtern ein  Vorbild zu sein – und von der großen Aufgabe der Selbstliebe. 

Ein warmherziger und very witty Roman über Verluste und Neuanfänge, über vergangene und neue Lieben der großen walisischen Autorin Siân James.

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Magda Birkmann

Magda Birkmann

Magda Birkmann ist seit ihrer Jugend begeisterte Schatzsucherin in Bibliotheken, Antiquariaten und auf Bücherflohmärkten, seit 2018 teilt sie diese Begeisterung für Literatur als Buchhändlerin in der Berliner Buchhandlung Ocelot und als freiberufliche Literaturvermittlerin auch regelmäßig mit der Öffentlichkeit. Magda Birkmann ist Mitglied der Jury für den Deutschen Buchpreis 2024. 

Nicole Seifert

Nicole Seifert

Nicole Seifert ist gelernte Verlagsbuchhändlerin undpromovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie lebt inHamburg und arbeitet frei als Autorin, Übersetzerin undLiteraturkritikerin. 2021 erschien bei Kiepenheuer & Witsch ihr Buch FRAUEN LITERATUR, Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt, 2024 folgte „Einige Herren sagten etwas dazu“, Die Autorinnen der Gruppe 47.